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Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Altertums- und Volkskunde von Freiburg, dem Breisgau und den Angrenzenden Landschaften [Hrsg.]
Zeitschrift der Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Altertums- und Volkskunde von Freiburg, dem Breisgau und den Angrenzenden Landschaften
21.1905
Seite: 249
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Die volkstümlichen Personennamen einer oberbadischen Stadt 249

der viel ältere Mann die sehr zärtliche Mutter liebkosten.
M. allgemein = Püppchen, Diminutiv von Mammd — Puppe,
auch Madam1. Als Kosenamen für die Eltern sind Mamma und
Papa nicht gebräuchlich. S'Herzele, wie die sehr junge Frau
von dem überzärtlichen, alten Manne bezeichnet wurde.

§ 89. Ähnlich sind auch die folgenden Namen durch Übertragung
bzw. eine Art Vererbung entstanden: dd Onkel, ein alter
Junggeselle, der von den Kindern seines Kostgebers und Freundes
stets so, statt Vetter, wie sonst üblich, bezeichnet wurde; do
JBäbddaite, dessen Stiefmutter d'Bäbd (§ 113) war, und der unter
viel jüngeren Stiefgeschwistern gleichsam als Daite, ungewöhnlich
und fremdartig für Vater, erschien.

Diese aus Koseformen entstandenen Spitznamen (s. auch noch § 92, 2)
richten wol ihre Spitze mehr gegen die rauhen und vielgeplagten Landleuten
im allgemeinen unbekannte Affenliebe und Verhätschelung der
Kinder als gegen die ungebräuchlichen Ausdrücke an sich. Trotzdem sind
sie der Bequemlichkeit und Übersichtlichkeit wegen hier eingereiht. Dasselbe
gilt auch für die aus hochdeutschen Worten und Redensarten geformten
Spottnamen, womit hauptsächlich der Stolz und die meist verunglückte
Vornehmtuerei gegeißelt werden sollen.

§ 90. Krankhaftes Zucken in den Gliedern und nervöses
Wackeln mit dem Kopfe — beim Sprechen oft nur —,
Stummheit und Geistesgestörtheit haben leider ebenso Stoff
zu Schimpfnamen geliefert. Diese mögen, ihrem Wesen entsprechend
, den Übergang bilden zu der neuen Gruppe.

Dd Sajass, eine alte Jungfer, die besonders Zucken in den
Gliedern hatte. Bajass, von Bajaccio, italienisch, bedeutet eine
Fastnachtsfigur, dann allgemein närrischer Kerl; 5'GlocJcdspiel
der auch noch sehr kurzsichtig war und beim Lesen den Kopt
immer hin und her bewegte, Glockenspiel = Schellenbaum; dd
Schnapper, der hauptsächlich den Mund verzerrte und stets nach
etwas zu schnappen schien; dd närrsch Adolf (närrsch = überspannt
, halb verrückt = sehr närrisch); dazu dd Stumm, ein
Stummer, der auch halbtaub ist.

§ 91. Eine große und weit verzweigte Gattung von
Schimpfnamen bilden diejenigen, welche mehr oder weniger
starke geistige (moralische, soziale) Mängel und Fehler,
oder auch einzelne Handlungen und sittliche Taten eines Menschen
aller Art verspotten sollen. Natürlich greifen auch diese

1 vMammdld dagegen = Kindermilchflasche.


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