Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465
Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Altertums- und Volkskunde von Freiburg, dem Breisgau und den Angrenzenden Landschaften [Hrsg.]
Zeitschrift der Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Altertums- und Volkskunde von Freiburg, dem Breisgau und den Angrenzenden Landschaften
21.1905
Seite: 300
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300

Sütterlin

weise, dass man sie nicht antasten darf. An der „syntaktischen
Ruhelage" wird jedenfalls ein Syntaktiker wie Behaghel (Idg.
Forsch. 14, 438 ff.) seine helle Freude haben.

Meine Ergebnisse sind beinahe ausschließlich Vorzeichen
der Zukunft; sie geben ein Mittel an die Hand, das Kommende
vorauszusehen oder es geradezu herbeizuführen. Meistens handelt
es sich um etwas sehr Wichtiges, das man entweder sehnlichst
herbeiwünscht oder sehr ängstlich fürchtet: Glück oder Unglück,
Heirat oder Tod. Gleichgültigeres kommt nur vereinzelt in
Betracht.

a) Glück hat überhaupt, wer am Sonntag geboren ist, aber
auch der, der einem Heu wagen begegnet; und Scherben weisen
allgemein hin auf Glück. Darum hat auch die Braut Glück,
der der Brautschleier zerreißt, und die, bei deren Hochzeit etwas
zerbricht. Auf Glück und Unglück lässt auch ein entgegenkommender
Schornsteinfeger schließen: in voller Ausrüstung bedeutet
er Glück, sieht man ihn ohne Leiter, dagegen Unglück.

b) Das Unglück spielt überhaupt eine wichtige Rolle in
diesem Vorstellungskreis. Nicht nur der 13. ist ein Unglückstag
; Unglück hat auch, wer in die Neujahrsnacht (Silvesternacht)
hineintanzt, oder wer nachts kein Brot im Hause hat; wer mit
dem linken Fuß morgens aus dem Bett aufsteht, hat an dem
Tage Unglück, wer einen Spiegel zerbricht, dagegen sieben
Jahre lang.

Was man sonst auf den Jäger Bezügliches glaubt, gilt auch
von Heidelberg: dass er kein Glück auf der Jagd habe, wenn
man ihm beim Auszug „Gut Heil" zurufe, oder wenn ihm Sonntags
eine alte Frau begegne.

Nach einer meiner Quellen darf man auch das erste Viertel
des Monds nicht rückwärts über die linke Schulter durch das
Fenster ansehen; sonst erfährt man Unglück. Aber es ist
zweifelhaft, ob das wirklich für Heidelberg gilt, ob nicht vielmehr
fremder, sogar ausländischer Einfluss (aus Neapel) vorliegt.

Andere Zeichen weisen auf besondere Arten des Unglücks.
Wenn der Himmel abends ganz blutrot ist, bedeutet es Krieg;
wenn man Salz ausschüttet, bekommt man Streit; und wenn
man jemand eine Stecknadel gibt, muss man lachen und darf
sich nicht bedanken, sonst sticht man die Freundschaft entzwei.

c) Aber weitaus die meisten Zeichen weisen hin auf den
Tod. Wenn ein Toter lange noch eine warme Hand hat, so


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