Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465
Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Altertums- und Volkskunde von Freiburg, dem Breisgau und den Angrenzenden Landschaften [Hrsg.]
Zeitschrift der Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Altertums- und Volkskunde von Freiburg, dem Breisgau und den Angrenzenden Landschaften
22.1906
Seite: 103
(PDF, 69 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zgb1906/0121
Zum geschichtlichen Hintergründe des
Nibelungenlieds.

Von E. John.

Als der unvergessliche Schliemann den Trümmerhügel
von Hissarlyk schichtenweise abhob, grub er aus dem Schutt
neben anderem eine alte und eine neue Wahrheit heraus.
Die neue war, dass das trojanische Ilion kein Erzeugnis der
Einbildungskraft, sondern eine wirkliche Stadt war, die in
den homerischen Gesängen treu nachgebildet ist. Und die
alte, aber immer wieder vergessene Wahrheit ist, dass kein
Volksepos aus dem Zustand mündlicher Fortpflanzung durch
Rhapsodien zu einer einheitlichen Dichtung sich entwickeln
kann ohne einen Dichter, der künstlerisch den rohen Stoff
bearbeitet, und ihm dabei das Gepräge seiner Zeit, seiner
Anschauungen und seiner Person aufdrückt. Bestätigt sich
somit auch an den Volksepen das Dichterwort, dass jedes
wahre Gedicht ein Gelegenheitsgedicht sein müsse, so bedarf
es nur der rechten Deutung von Zeit, Ort und Umständen,
welche jeder großen Dichtung anhaften, um den oder die
Verfasser mit genügender Bestimmtheit herauszufinden, auch
wenn ihre Namen gänzlich verschollen sind.

Freilich jener Vorzug der Griechen, das Selbstgeschaute
im klaren Spiegelbild der Kunst sprechend wiederzugeben,
durchaus realistisch zu zeichnen und doch eine idealisierte
Wirklichkeit zu schaffen wird von keinem andern Volke geteilt
und nur von wenigen späteren Künstlern und Dichtern
erreicht. Wenn ein anderer Schliemann mit der Gudrun oder
dem Nibelungenlied in der Hand Mateläne oder Etzeinburg
durchwühlte, vorausgesetzt, dass ihre Stätten überhaupt da-


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