Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1965/0216
194

Genzmer

Bei der Forschung nach den ausführenden Künstlerpersönlichkeiten (Signaturen
sind nicht vorhanden) war von der Tatsache auszugehen, daß der Bau, wie
aus einer gemalten Inschrift über der nördlichen Eingangstür hervorgeht, von
dem Junker Johann Philipp Schad von Mittelbiberach zu Warthausen und
seiner Ehefrau Margaretha Speth von Zwiefalten gestiftet wurde. Die Speth
hatten die Herrschaft Gammertingen-Hettingen inne, wozu auch Neufra gehörte
. Sie ist „erbauet worden in der Ehr der heiligsten dreifaltigkeit auch der
himmlischen Königin und dem ganzen himmlischen heer zum lob im 1591 jähr."
Im Familienarchiv der Schad, das sich im Ulmer Stadtarchiv befindet, fand ich
keinen Hinweis auf die Künstler. Aus einem vorhandenen Stammbaum und aus
einer fragmentarischen Geschichte der Familie geht hervor, daß die aus Waldsee
stammenden Schad im Jahre 1440 Mittelbiberach erwarben, im 16. Jahrhundert
Kaiserliche Räte und Ritter wurden und durch Vermählung des Vaters des
Stifters mit Ursula Thurzö aus Bethlenfalva in Ungarn, deren Familie große
Bergwerke besaß und aus der auch die Fugger Töchter heirateten, sehr reich
geworden waren. Sie hielten in dem gemischtkonfessionellen Biberach streng
am alten Glauben fest. So kam es zur Stiftung der Neufraer Kapelle, und es
liegt die Vermutung nahe, daß Hans Philipp Schad die Künstler aus Biberach
mitbrachte.

Für die Erscheinung der Neufraer Kapelle ist besonders bezeichnend der
Fries unter dem Hauptgesims, der aus Eselsrücken mit dazwischen angeordneten
Konsolen in zweifacher Abtreppung besteht. Während diese Architekturform in
der Gegend von Neufra nicht vorkommt, finden sich in Biberach mehrfach ähnliche
Gebilde. Zum ersten Mal ist diese Form sehr eindrucksvoll verwendet an
der Stadteich aus dem Jahre 1484, erbaut von Peter Treu; dann findet sie sich
wieder mit einfach abgetreppten Konsolen am Spital, ebenfalls einem Bau von
Peter Treu von 1518—19; weiter am Schloß Mittelbiberach aus der Mitte des
16. Jahrhunderts (Baumeister unbekannt); schließlich am Pfarrhofstadel, der
1588 von Werkmeister Hans Kuzberger errichtet wurde. Es kann mit großer
Wahrscheinlichkeit angenommen werden, daß Kuzberger auch der Baumeister der
Neufraer Kapelle ist. Kuzberger, der diese posthumen spätgotischen Formen verwendete
, wird damals schon ein älterer Mann gewesen sein.

Schwieriger ist die Zuweisung der Wandmalereien und des Altares. Die
Einfassungen des Chorbogens und der Fenster zeigen die damals üblichen Renaissanceformen
, wie sie durch Kupferstiche und Drucke überall bekannt waren: korinthische
Pilaster, Eierstabprofil, Rollwerk, dazu Blumen und Früchte, Masken,
Köpfe und ganze Figuren, am westlichen Fenster der Nordseite Pelikan,
Phönix, Totenkopf und Sanduhr, am Chorbogen Engel mit den Marterwerkzeugen
.

Pfarrer Schaal, Unterbalzheim bei Laupheim, der einen kunstgeschichtlichen
Auszug aus den Akten der gemeinschaftlichen Kirchenpflege in Biberach angefertigt
hat, machte mich darauf aufmerksam, daß kürzlich bei der im Gange
befindlichen Renovierung der simultanen Stadtpfarrkirche in Biberach an einem
Bogen, der wegen des Orgelumbaues entfernt werden mußte, fragmentarische
Malereien von 1582 freigelegt worden sind. Zu sehen war ein Bruchstück mit
Ornamenten in der Art der in Neufra vorhandenen (Rollwerk mit Früchten
usw.). Diese Malerei war rechts von der Jahreszahl mit BM singniert. Links


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1965/0216