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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1965/0242
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Genzmer

und philosophischen Ideen aus. Die Schlösser der Barockzeit waren meist reichgegliederte
Baugruppen mit Ehrenhöfen, die nach einer Seite geöffnet waren,
und ihre schnurgerade Achsen führten über die streng mathematisch angeordneten
Parkanlagen bis weit hinaus in die umgebende Landschaft, der sie ihren herrscherlichen
Stempel aufdrückten. Die Schloßbauten des Klassizismus sind dagegen
kubische Blöcke von einfacher aber immer edler Form, die malerisch in einen
unregelmäßigen, freilich durchaus bewußt gestalteten Landschaftspark hineingestellt
sind.

Auch das Krauchenwieser Schlößchen, bescheiden Landhaus genannt, ist ein
solcher Block mit einem rechteckigen Grundriß. Es ist anzunehmen, daß die
ersten Pläne sich mehr dem Quadrat annäherten, daß man aber aus Ersparnisgründen
auf die Rechteckform abkam. Das hatte zur Folge, daß die an sich
großzügig konzipierte, sehr schön detaillierte einläufige Haupttreppe mit ihren
29 Stufen schon kurz hinter dem Haupteingang antritt und deshalb den Eintretenden
etwas überrascht und einengt. Ursprünglich hatte man an eine Treppe
gedacht, die einläufig beginnt und sich oben in zwei Läufe gabelt. Doch hätte
eine solche Anlage eine weit größere Grundfläche beansprucht und damit eine
wesentliche Verteuerung bedingt.

Sonst aber folgt der Grundriß der im Klassizismus vielfach üblichen Anordnung
eines in die Mitte des Gebäudes eingebetteten Eingangs- und Treppenraumes
, um den sich die Wohnräume hufeisenförmig herumgruppieren. Wir finden
das ähnlich wieder beim Marmorpalais in Potsdam, einer Schöpfung von
Gontard aus dem Jahre 1787, und in kleineren Verhältnissen bei dem lieblichen
Schloß Arenenberg am Bodensee, dem Wohnsitz der Königin Hortense.

Das Äußere des Landhauses ist sehr schlicht, aber wenn man sich näher damit
beschäftigt, so bemerkt man immer mehr, mit wie viel sorgfältiger Überlegung
und Feingefühl die Fassaden mit ihren Öffnungen und Flächen aufgeteilt sind.
Auch die Räume im Inneren haben gute Proportionen.

Aus dem Briefwechsel geht hervor, daß Burnitz auch einen Entwurf für einen
Gartenpavillon gemacht hat, der nach der Beschreibung wohl sehr poesievoll
geworden wäre. Leider wurde der Gartenpavillon nicht gebaut, wie denn überhaupt
eine weitere Belebung des sonst sehr schönen Landschaftsparkes durch
reizende Grotten, durch Tempel in antiker Form, durch gotische Ruinen und
dergleichen unterblieben ist, die zusammen mit dem Hauptgebäude den Formwillen
des romantischen Klassizismus erst voll zum Ausdruck gebracht hätten.
Der später angelegte französische Garten vor der Südfront des Landhauses entspricht
diesen Ideen nicht ganz.

Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurden noch weitere Änderungen am Landhaus
vorgenommen. Am störendsten war die Ausmalung des Treppenhauses im
Geschmack der zweiten Jahrhunderthälfte, wo man dunkle Tapeten, dunkle
Türen und schwere dunkle Portieren liebte.

Es ist dieselbe Zeit, die auch dunkel gefärbte Musik bevorzugte, in der die
Musik gleichsam eine Oktave tiefer empfunden wurde als im 18. und auch noch
im frühen 19. Jahrhundert — man denke nur an die hohen Bachtrompeten, den
hellen Cembaloklang und die Aliquotstimmen der Barockorgeln im Vergleich
zu den entsprechenden Instrumenten der „Brahmszeit".


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