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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1965/0277
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JOHANN ADAM KRAUS

Reutlinger Asylanten aus Hohenzollern

Über Sinn und Bedeutung der ehemaligen kirchlichen und weltlichen Asyle
oder Freiungen (Freiplätze) aus der altgermanischen Zeit bis ums Jahr 1800
wurde im Hohz. Jahresheft 21 (1961) S. 83f kurz gehandelt. Unvorsätzliche
Übeltäter, die sich z. B. durch einen ungewollten Totschlag vergangen hatten,
konnten an solchen Orten Schutz finden, um nicht der Blutrache oder jäher
Willkür eines Urteils zu verfallen. War die erste Aufwallung der Volkswut
nach solchen Vergehen durch einen Zeitabstand verraucht, so blieb der Weg einer
rechten gerichtlichen Aburteilung oder in alter Zeit die Festsetzung eines Wer-
oder Sühnegeldes offen.

Das städtische Asyl in der Reichsstadt Reutlingen ist im Jahre 1495 durch
Kaiser Maximilian als „schon althergebracht" neu bestätigt worden. Die Anfänge
liegen jedoch völlig im Dunkel. Archivrat Dr. Schwarz am dortigen Stadtarchiv
vermutet, das Asyl gehe auf ein ehemals kirchliches Asyl zurück, das wohl ans
alte Franziskanerkloster geknüpft war. Es sei langsam von den Stadtvätern gegen
die umliegenden Herrschaften, besonders Württemberg, in Schutz bzw. übernommen
und als hervorstechendes Vorrecht gepflegt worden, vielleicht auch, um
genügend Arbeiter zum Ausbau der Stadtbefestigung zu erhalten. Das Asyl war
unbefristet, im Gegensatz zu vielen anderen kleinen, beispielsweise in Ringingen,
wo das im Kreben nur 24 Stunden dauerte. Gelang es jedoch dem Übeltäter
heraus- und wieder hineinzukommen, so lief die Frist von neuem. Das Reutlinger
dagegen dauerte „auf Jahr und Tag", also praktisch dauernd. Das Stadtarchiv
verwahrt als kostbaren Schatz einige Asylbücher seit 1517, die Namen aus
ganz Südwestdeutschland bringen von Männern, die in die Freiung aufgenommen
wurden. Die ältesten Einträge sind ganz kurz, wie unsere Beispiele unten zeigen
werden. Erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts werden sie ausführlicher. Der
Asylant wurde auf seine Aussage vereidigt. Stellte sie sich als falsch heraus, so
fand er keinen Pardon. Der zweite Band der Totschlägerbücher enthält folgende
Ordnung, die jedem, der das Asyl in Anspruch nehmen wollte, vorgelesen
wurde:

„Habet Ihr einen ungefährlichen (unbeabsichtigten) Totschlag begangen aus
Hitz des Zorns oder zur Rettung Eures Lebens, so habt Ihr in dieser Stadt
(Reutlingen) und ihrem Zehnten Freiheit und werdet zu Recht nit fürgestellt
oder beklagt. Wenn aber der Totschlag verdächtig oder gefährlich geschehen ist
und man Euch rechtens begehren wird, werdet Ihr zu Recht fürgestellt oder
beklagt.

Dieweil Ihr hier in der Stadt lieget und die Freiheit benutzt, so mag man
gegen Euern Leib und Gut auf dem Hofgericht zu Rottweil und einem anderen
Landgericht nicht prozedieren (vorgehen) oder urteilen. Falls es aber


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