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Die Flora der Markung Kraudienwies

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Unter den Büschen wird es im Frühling lebendig von Windröschen (Anemone
nemorosa), Immergrün und Aronstab (Arum maculatum). Dann erwacht auch
ein seltsamer Schmarotzer, die Schuppen würz (Lathraea squamaria). Sie lebt auf
den Wurzeln des Haselstrauchs. Ihre Blätter sind zu unterirdischen weißen
Schuppen entartet. Aber ihre einseitswendigen Blütenähren von zartestem Rosa
stehen gruppenweise im Fallaub und können nur vom Auge des Kenners in ihrer
Schönheit richtig gewürdigt werden.

Im Herbst zieren noch Wassergreiskraut (Senecio aquaticus) und Herbstzeitlose
(Colchicum autumnale) die vereinsamenden Wiesen. Der Andelsbach
flutet mit seinem braunen Moorwasser still zwischen dunklen Grauerlen seinem
Ende in der Ablach entgegen.

An den Park schließt sich nordwärts der „Tiergarten" mit fürstlichem Wildpark
an. Einst sah man an den Wegen riesige Eichen, die nun der Zahn der
Zeit zernagt hat. Aber noch blicken wir zu hohen, finsteren Kiefernkronen
empor. Durch das große Waldgebiet erstreckt sich eine schmale Talung, deren
bescheidener Bach zu drei Weihern aufgestaut ist: Gögginger-, Ablacher- und
Wusthauweiher. Im Binsenkranze dieser stillen Gewässer finden wir allerlei
wasserliebende Flora. Wasser- und Waldminze (Mentha aquatica und silvestris)
duften in der warmen Mittagsluft. Die tiefroten Kerzen des Blutweiderichs
(Lythrum salicaria) brennen. Das zarte blaublütige Helmkraut (Scutellaria ga-
lericulata) und der Kleine Wasserhahnenfuß (Ranunculus flammula) verbergen
sich im Halmenwald. Der Goldampfer (Rumex maritimus) hält jede verlandende
Weiherstelle besetzt und das Sumpf-Blutauge, ein Rosengewächs, (Comarum pa-
lustre) starrt mit purpurnen Blütensternen aus den Sumpfgräben. Das Gewässer
selbst ist dicht mit Laichkraut (Potamogeton crispus) und Wasserpest (Helodea
canadensis) verwachsen. An einer unzugänglichen Stelle sah ich die langen Fiederblätter
und Blütendolden des Wasserschierlings (Cicuta virosa) und einzelne
gelbe Mummeln (Nuphar luteum), deren Samen wohl durch Wildenten hieher
getragen wurden.

Wenn in schwüler Mittagsstille das Konzert der Frösche ertönt und dazwischen
ein Specht in den Stämmen trommelt und hie und da ein silberner Fisch
nach einer Mücke springt und zurückfällt, so offenbart sich dem naturverbundenen
Lauscher die ganze beseligende Ruhe dieser lieblich-einsamen Natur.

Wir haben viele auf unserem so eng umgrenzten Gebiet wachsende Pflanzenarten
angeführt. Alle können hier nicht genannt werden. Es mögen insgesamt
um 500 Arten Blütenpflanzen sein. Nicht mitgezählt sind die zahlreichen Arten
der Moose und Flechten. Viele sind zu unscheinbar, um das Interesse des Nicht-
botanikers zu finden. Große Seltenheiten kommen kaum vor. Oder wird sich
vielleicht irgendwo im Halbschatten des Buchenwaldes noch der Frauenschuh
verstecken? Von den ihm verwandten Orchideen finden sich Vertreter nur selten
und vereinzelt. So sah ich im Walde öfters schon einige Exemplare der Zweiblättrigen
Platanthere (Piatanthera bifolia), einmal auch das Rote Waldvögelein
(Cephalanthera rubra), dessen schwebende Rosablüte wirklich davonhuschenden,
niedlichen Vögelchen gleichen. Aber diese Knabenkräuter erschienen mir als
Fremdlinge, hergetragen von den Gehängen der benachbarten Alb, dem Orchideenparadies
. Häufiger ist in weniger gedüngten Wiesen das Helmknabenkraut
(Orchis militaris) zu finden. Auch das Fleischfarbige Knabenkraut (Orchis incar-
natus) war schon in kleinen Quellsümpfen zu finden.

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