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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1965/0339
Besprediungen

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Typus. Ob sie mit Ähren ausgestattet waren, läßt sich wegen des schlechten
Erhaltungszustandes nicht mehr feststellen. Walzer bringt Beispiele zum Motiv
mit Strahlenmuster, aber statt Ähren mit Sternen auf dem Gewand, so auf
dem Holzschnitt aus dem Halle'schen Heilstumsbuch. Diese unterschiedliche Darstellung
benutzt Walzer, um dem religiösen Sinngehalt dieses Motivs nachzugehen
.

Zunächst geht er auf das Strahlenmotiv ein. Nach der bisherigen Forschung,
vor allem durch Joh. Graus, 1904/05, sollen die Ährenkleidmarien auf ein Urbild
im Mailänder Dom zurückgehen. Der Strahlenkranz soll Sinnbild der
„radia ducale" der Visconti sein, deren Herrschaft als glanzvolle Erscheinung
im Strahlenkranz Ausdruck gefunden habe. Auf der nach dem Mailänder Urbild
geschaffenen Ährenmarienfigur von P. A. Solari 1483 im Museo di porta Ciovio
in Mailand stehen die Worte aus dem hohen Lied: „electa ut sol", die Maria
als Sonne, als Gebärerin der Sonne Christus bestimmen. Maria Perse bringt
in ihrer Dissertation „Maria im Ährenkleid" (1949) die gleiche Deutung, wie
sie schon Rudolf Berliner 1929 vertrat, daß Maria als Lichtträgerin anzusehen
sei.

Ausführlich untersucht Walzer die apokryphen Schriften über die Kindheit
Marias aus dem 4. Jahrhundert und findet, daß Maria als Tempeljungfrau einen
Glanz ausgestrahlt habe, so daß man ihr nicht ins Antlitz sehen konnte. Dieses
Leuchten Marias wird bei den griechischen und lateinischen Theologen hervorgehoben
. Die Auslegung des Namens Maria wird mit illuminatrix und illu-
minans „Erleuchterin" und „erleuchtend" im onomastica sacra aufgeführt. Hier
wird auch der Name Maria mit Stern übersetzt. Diese Ausführungen überzeugen,
daß die Strahlen Marias eine theologisch tiefere Bedeutung haben, als das
Strahlensymbol der Visconti. Selbst der Flammenwirbel im Maßwerk des mittleren
Chorfensters in Mailand, der als das Wappen der Viscont gedeutet wird,
hat diesen theologischen Inhalt, da er in Verbindung mit Gott Vater und der
Verkündigung steht. Die Verschiedenheit der Darstellungen mit und ohne
Strahlen an den Ärmeln läßt sich zeitlich nicht festlegen, da sie bei frühen und
späten fehlen.

Weniger schwierig ist die Erklärung der Ähren als Fruchtbarkeitssymbol.
Schon im Volksbrauch wurden die Neuvermählten mit Korn überschüttet. Wie
das Korn in der Hülle heranreift, so wird Christus im Schöße Mariens verborgen
zum Menschen. Graus versucht hier eine Verbindung zur Herzogin Katharina
Visconti herzustellen, die um ein zweites Kind zu erbeten, ein Ährenkleid getragen
haben soll, und nach Erfüllung ihres Wunsches das Bild der Ährenkleid-
maria in den Mailänder Dom gestiftet habe.

Ebenso symbolhaft ist der Gürtel, den Maria trägt, der zuweilen verknotet
ist. Der Brautgürtel mit Knoten, der schon von den Vestalinnen getragen wurde,
ist das Zeichen der Unberührtheit. Das offene Haar ist das Symbol der Jungfräulichkeit
. Oft ist noch ein Blumenkranz neben Maria aufgehängt, und sie
steht betend vor dem Antlitz Christi. Kranz und Kopf deuten auf die Verlobung
Marias mit dem himmlischen Bräutigam. Diese Gottesminne Marias wird
in dem Marienleben des Walter von Rheinau und Philipp des Kartäusers besungen
. Die vielen Variationen des Themas mit Strahlen und Sternenkleid, mit
Ährenkleid ohne Strahlen und Strahlen nur am Halsausschnitt, finden ihre
primäre Erklärung, indem sie Maria als Tempeljungfrau und ihre Schönheit


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