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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1966/0018
Seigel

Den geschichtlichen Hintergrund dieses Zusammentreffens bildet die Unterwerfung
des alemannischen Stammes unter die Franken. Das Kloster St. Gallen war in
der Zeit seiner Wiedergründung durch Abt Otmar getragen worden vom alemannischen
Adel, der den fränkischen Eroberern feindlich gegenüberstand. Mit dem
Aufstieg der Karolinger wurde zunächst durch Karl Martell in der ersten Hälfte
des 8. Jahrhunderts die Herzogsgewalt in Alemannien beseitigt. Die Anführer des
einheimischen Adels, die an den letzten Erhebungen gegen die Franken beteiligt
waren, ließ der Hausmaier Pippin, der Sohn Karl Martells, 746 bei Cannstatt hinrichten
. Die Stützpunkte der fränkischen Eroberung und Durchdringung waren,
neben den eingesetzten Grafen, der Bischof von Konstanz und die Abtei Reichenau
. Von hier aus begann die Unterwerfung des alemannischen Stützpunkts St. Gallen
: 759 wird Abt Otmar abgesetzt und verbannt und durch den fremden, für die
Franken zuverlässigen Abt Johannes ersetzt. Zwei Jahrzehnte lang war er dann zugleich
Abt der Reichenau, Abt von St. Gallen und Bischof von Konstanz.

In seiner Studie über das Kloster St. Gallen in der Verfassung des karolingischen
Reiches hat Rolf Sprandel zeigen können, daß vermutlich auch die Furcht vor den
fränkischen Konfiskationen den alemannischen Adel zu Schenkungen an St. Gallen,
vor allem vor 759, bewogen haben könnte,5. Von diesen Vorgängen her ist nun die
Schenkung des Alemannen Petto in Glatt zu verstehen. Petto und seine in unserer
Urkunde als Zeugen auftretenden Brüder gehören zu den mächtigen alemannischen
Adelsfamilien; sie sind nicht nur am oberen Neckar, sondern auch in der Nordschweiz
begütert. Es scheint, daß sie durch große Schenkungen an St. Gallen ihren
Besitz vor dem Zugriff durch die Franken retten wollten. Diese Interpretation der
Glatter Schenkung bietet wiederum eine wichtige Hilfe für die Datierung unserer
Urkunde: Daß sie vor 759 geschrieben ist, dürften sowohl die Vorgänge im Kloster
als auch die Schicksale der Familie des Petto nahelegen.

St. Gallen blieb noch lange in der Abhängigkeit von Konstanz. Das Kloster
spielte unter Karl dem Großen und unter Ludwig dem Frommen keine Rolle in der
Reichspolitik; ebensowenig erhielt es Schenkungen von den Königen. Das änderte
sich erst, als 841 Abt Grimald von St. Gallen der führende Politiker Ludwig des
Deutschen wurde. Jetzt setzen auch Schenkungen der Karolinger ein.

Bei Lorsch sehen wir die Gegenseite: Der Gründer, Graf Chancor, ist einer der
wichtigsten fränkischen Beamten, der mit der Eingliederung Alemanniens in das
Frankenreich betraut ist". Er ist ein Verwandter des karolingischen Königshauses.
Zusammen mit seiner Mutter Williswinda übergibt er seine Stiftung dem ebenfalls
dem Königshaus angehörenden Erzbischof Chrodegang von Metz, damit er die
Gründung nach der Benediktinerregel einrichte. So kam das Kloster von Anfang an
in die Hand einer der einflußreichsten Persönlichkeiten der Umgebung Pippins.
Lorsch erhielt dann für seine Entwicklung wichtige Schenkungen von Karl dem
Großen. Lorsch war schon 772 karolingisches Reichskloster, sein Abt Gundeland, der
Bruder des Erzbischofs Chrodegang, ist „imperialis abbas". Lorsch wurde Grablege
karolingischer Könige (Ludwig d. D., Ludwig d. J.). St. Gallen aber tritt erst im
9. Jahrhundert in den Kreis der Reichsklöster. Der Besitzbereich von Lorsch war,

M Sprandel, a. a. O., S. 31.

*• Zur Eingliederung Alemanniens in das Frankenreich: Irmgard Dienemann-Dietrich, Der fränkische
Adel in Alemannien im 8. Jahrhundert, in: Grundfragen der Alemannischen Geschichte (Vorträge
und Forschungen I) Lindau/Konstanz 1955, S. 149—192. Hier ist auch die ältere Literatur zu
dieser Frage zitiert.

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