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Zollern und Rhäzüns

IL DIE TERRITORIAL VERHÄLTNISSE IM MITTELALTERLICHEN
GRAUBÜNDEN UND DIE HERRSCHAFT RHÄZÜNS

Die wirtschaftliche, politische und strategische Bedeutung der Bündner Pässe
und ihrer Zufahrtswege hat die Geschichte Graubündens entscheidend bestimmt.
Die Burgenkarte Graubündens, die Erwin Poeschel seinem ausgezeichneten Burgenbuch
Graubündens8 beigegeben hat, zeigt, daß fast alle Burgen an den natürlichen
Verkehrswegen liegen: im Vorder- und Hinterrheintal sowie im Inntal des Ober-
und Unterengadins. „Rund die Hälfte der zahlreichen Burgen und Schlösser Graubündens
liegt an der Bernhardinroute, im Zentrum akzentuiert durch die Burgenlandschaft
des Domleschg" ' zwischen Thusis und Rhäzüns.

Um dieses wichtige Paßland fest in die Hand zu bekommen, setzte Karl der
Große der nahezu selbständigen Herrschaft des einheimischen Geschlechtes der
Viktoriden ein Ende, indem er die bisher in dessen Hand vereinte weltliche und
geistliche Gewalt trennte und die beiden Grafschaften Ober- und Unterrätien errichtete
. Während unter seinen Nachfolgern der Einfluß der königlichen Gewalt auf
die beiden rätischen Grafschaften zunehmend schwächer wurde, konnte das von
ihm politisch entmachtete Bistum Chur, einer der ältesten Bischofssitze nördlich der
Alpen, wieder erstarken. Diesen Machtzuwachs Churs machte sich Otto der Große,
der seinen Vertrauensmann Hartbert dort zum Bischof einsetzte, zunutze, um mehr
Einfluß auf die Bündner Pässe zu gewinnen. Durch bedeutende Schenkungen der
Ottonen wurde der Churer Bischof, zu dessen Diözese auch Vorarlberg und der
Vintschgau gehörten, zum politisch wichtigsten Herrn in Oberrätien, in dessen
Hand die Zugänge zu wichtigen Pässen mit ansehnlichen Zolleinnahmen lagen.

Eine weitere, dem Bistum an Bedeutung jedoch nachstehende geistliche Macht
entstand in dem Benediktinerkloster Disentis im oberen Teil des Vorderrheintals
am Zugang zum Lukmanierpaß. Disentis, das besonders von Friedrich Barbarossa
begünstigt wurde, gelang gleichfalls die Ausbildung eines eigenen Territoriums.

Neben den geistlichen Territorien gab es eine ganze Reihe weltlicher Herrschaften
, die sich meist um Burgen gruppierten und oft nur wenige Orte umfaßten.
Die Inhaber dieser Herrschaften waren vorwiegend Angehörige edelfreier
Geschlechter, deren Herkunft und Besitzgeschichte noch weithin ungeklärt sind 10.
Vermutlich gehen diese Edelfreien wenigstens teilweise auf Lehnsleute des Königs
und des Bischofs zurück, und sicher hat der Erwerb von Reichsgut und Reichsrechten
durch sie und die geistlichen Herren eine nicht unbedeutende Rolle bei der Ausbildung
ihrer Herrschaft gespielt. Nach Clavadetscher 11 muß neben der urkundlich
meist nicht mehr zu belegenden Schenkung am ehesten an Usurpation von Reichsgut
durch Amtsträger und örtliche Machthaber gedacht werden. Hinzu kamen in
der Regel auch Erwerbungen durch Heirat und Erbschaft, Kauf oder Tausch und
nicht zuletzt auch durch Gewalt. Die mittelalterlichen Herrschafts Verhältnisse in
Graubünden wandelten sich ständig, da die fast unaufhörlichen Kämpfe, in welche

-

• Vgl. Anm. 5.

' Jenny, Graubündens Paßstraßen, S. 27.

19 Otto P. Clavadetscher, Die Herrschaftsbildung in Rätien, Vorträge und Forschungen, hrsg. vom
Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte, Bd. 10, Konstanz 1965, S. 142.

11 Ders., Flurnamen als Zeugen ehemaligen Königsgutes in Rätien, Vorträge und Forschungen 10,
S. 132.

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