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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1966/0230
Neues Schrifttum

buch. Hier fällt eine gewisse Ähnlichkeit zum spätrömischen „testamentum apud acta con-
ditum" auf. Auch jetzt überdauerten überkommene Einrichtungen wie das von der gemeinrechtlichen
Lehre verformte gemeinschaftliche Testament. Die von der Wissenschaft selbst
für diese Testamentsform verlangte freie Widerruflichkeit scheint nicht befolgt worden zu
sein. Ebenso wurde die Entwicklung des Rechts der Erbverträge von der Rezeption zwar
gehemmt, jedoch nicht aufgehalten und schließlich von der Wissenschaft anerkannt. Deren
unfruchtbaren Konstruktionen hat man in Esslingen keine Beachtung geschenkt. Mit der
Darstellung der Erbverträge, die meist als sogenannte Heiratsverträge abgeschlossen wurden
, greift der Verf. über sein engeres Thema hinaus und vermittelt wichtige Erkenntnisse
auch für das eheliche Güterrecht. Zur Einkindschaft kann festgestellt werden, daß sie in
Esslingen nur erb- und vermögensrechtliche, jedoch keine familienrechtliche Wirkung hatte.

Die Arbeit schildert in vorzüglicher Weise die Abhängigkeit des Esslinger Erbrechts
von den großen rechtsgeschichtlichen Strömungen, aber auch den Austausch mit den benachbarten
württembergischen und reichsstädtischen Rechten, mit dem Spruchrecht des Kölner
Oberhofs und der Tübinger Juristenfakultät. Überhaupt zeichnet sich die Darstellung durch
solide Arbeitsweise und guten rechtshistorischen Sinn aus. Dies zeigen besonders die überzeugenden
Interpretationen und behutsamen Analogien und nicht zuletzt die Vorsicht bei
dogmatischer Einordnung. Zwei Berichtigungen seien erlaubt: Engen wird unrichtig als
Reichsstadt aufgeführt (S. 28). Auf S. 136 letzter Abs. hat sich in der zweiten Zeile ein sinnentstellender
Druckfehler eingeschlichen: Statt „Gesetz" muß es dort „Gegensatz" heißen.
Im übrigen ist zu wünschen, daß die Untersuchung viele Nachfolger finden möge.

Freiburg i. Br. Clausdieter Schott

Jochen Geipel: Die Konsiliarpraxis der Eberhard-Karls-Universität und die Behandlung
der Ehrverletzung in den Tübinger Konsilien.
Stuttgart: Müller & Gräff 1965. XXIV, 156 S. Brosch. DM 15.-.
(Schriften zur südwestdeutschen Landeskunde 4)

Die Gutachter- und Spruchpraxis der deutschen Juristenfakultäten beansprucht rechtsgeschichtliche
Aufmerksamkeit, seitdem die Forschung erkannt hat, welcher Erkenntnisgewinn
sich daraus für den Ubergang von ungelehrtem zu wissenschaftlichem Recht erzielen
läßt. Weiter liefert das damit entstandene Institut der Aktenversendung ein eindrucksvolles
Modell einer Lösung für die Polarität von Theorie und Praxis. Dem älteren Recht war
dieses Spannungsverhältnis nicht bewußt. Uneinigkeit des rechtsfindenden Schöffenkollegiums
, „gezweites Urteil", wurde als Mangel des Rechtswissens empfunden, das man sich
von einem erfahreneren Kollegium, dem sogenannten Oberhof, im Wege des Zugs oder der
Appellation erfragen und entleihen konnte. Die Rechtskraft des Urteils war eine Frage von
Autorität und Tradition. Das Aufkommen eines gelehrten Rechts rief bei den überkommenen
Spruchinstanzen eine Rechtsfindungskrise hervor, der nur durch bessere Information
gesteuert werden konnte. Diese Unterweisung suchten die Gerichte mehr und mehr bei den
neuen Rechtskollegien, den Juristenfakultäten. Den Rechtsgelehrten waren solche Ratbitten
nicht fremd, da nach römischen und norditalienischen Vorbildern die Respondierpraxis den
„Volljuristen" ausmachte.

Der Verf. stellt eingangs diese allgemeinen Entwicklungsströmungen dar, wobei allerdings
zu einigen Fragen noch nicht das letzte Wort gesprochen sein dürfte. Anschaulich zeigt
er die Ratbedürftigkeit an der Gerichtsverfassung Württembergs, wo die Juristen nur im
Hofgericht und in der Kanzlei Eingang fanden, während bei den Unter- und sogenannten
Obergerichten bis ins 19. Jh. Laien Recht sprachen. Der allgemeine Zug zur Juristenfakultät
wurde hier durch die Landesgesetzgebung noch begünstigt. Auch für Tübingen scheint sich
zu bestätigen, daß das breitere Gerichtswesen erst seit der Mitte des 16. Jh. die Fakultät
regelmäßig konsultierte, während sich bis dahin der Bittstellerkreis auf Schiedsgerichte,

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