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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1966/0265
Vereinsmitteilungen

II. Bericht über die Lehrfahrt 1966

Ehemalige Reichsstädte im Allgäu (Leutkirch, Kempten, lsny)

Kaum eine Gegend Deutschlands wies bis 1802 eine solche territoriale Zersplitterung
auf wie das Allgäu. Neben den zahlreichen größeren und kleineren weltlichen und geistlichen
Territorien gab es dort allein 6 Reichsstädte, von denen heute Leutkirch, lsny und
Wangen württembergisch, Kempten, Memmingen und Kaufbeuren bayerisch sind. Den vielen
weltlichen und geistlichen Residenzen und bürgerlichen Gemeinwesen verdanken wir
die große Vielfalt an Schlössern und Abteien, Kirchen und Bürgerbauten, an denen gerade
das Allgäu so reich ist.

Volksbildungswerk Hechingen und Hohenzollerischer Geschichtsverein waren daher gut
beraten, für den 4. Juni eine gemeinsame Lehrfahrt ins Allgäu in ihr Programm aufzunehmen
und die Leitung dem Sigmaringer Staatsarchivrat Dr. Herbert Natale zu übertragen,
der von einer längeren dienstlichen Tätigkeit in lsny her ein guter Kenner des Allgäus und
seiner Bauten ist und bereits die gemeinsame Lehrfahrt nach Rhäzüns/Graubünden im
Oktober 1965 geleitet hatte. Wichtige organisatorische Vorbereitungen zu dieser Fahrt
hatte wieder Redakteur Walter Sauter, Hechingen, geleistet, den leider Erkrankung an der
Teilnahme verhinderte. Wie bei früheren Lehrfahrten zeigte es sich wiederum, daß das Interesse
an Lehrfahrten im Kreis Hechingen größer ist als im Kreis Sigmaringen.

Die Fahrt führte über Habsthal, Ostrach, Altshausen, Aulendorf, Bad Waldsee und
Bad Wurzach zuerst in die kleine ehem. Reichsstadt Leutkirch. Die Kirche war hier einst
Pfarrkirche („Leutkirche") eines größeren Sprengeis und gab der seit dem 14. Jahrhundert
reichsunmittelbaren Stadt den Namen. Ihren wirtschaftlichen Aufschwung verdankte die
Stadt vor allem dem Leinen- und Getreidehandel.

Ein Gang durch die Stadt führte zunächst zu den malerischen Resten der Befestigungsanlagen
und in die spätgotische, katholische Stadtpfarrkirche St. Martin. Besondere Beachtung
fanden am ansteigenden Marktplatz das barocke Rathaus und der ursprünglich als
Hochwacht dienende Bockturm. Ein Besuch galt auch der evangelischen Dreifaltigkeitskirche,
die 1613-1615 als dreischiffige, chorlose Predigtsaalkirche in noch gotischen Formen errichtet
wurde.

Für die Weiterfahrt nach Kempten hatte Dr. Natale das wenig bekannte, anmutige
Kürnachtal gewählt, dessen Wiesen und Wälder nur von wenigen Einzelhöfen unterbrochen
werden. Dr. Natale wies darauf hin, daß die vielen verstreuten Einzelhöfe zum charakteristischen
Gepräge der Allgäulandschaft gehören und auf die von der Fürstabtei Kempten ausgegangene
„Vereinödungsbewegung" zurückzuführen sind, die später auch auf die benachbarten
oberschwäbischen Gebiete übergegriffen hat und heute in den modernen „Aus-
siedlerhöfen" eine Parallele hat. Höhepunkt der Fahrt war der mehrstündige Aufenthalt in
Kempten, das mit seinen rund 45 000 Einwohnern der kulturelle und wirtschaftliche Mittelpunkt
des Allgäus ist. Es geht zurück auf eine durch Ausgrabungen bekannte Römerstadt
Cämbodunum und ein im 8. Jahrhundert von Mönchen aus St. Gallen gegründetes Benediktinerkloster
, das im 14. Jahrhundert volle Landeshoheit erlangte, während vom Kaiser
gleichzeitig der benachbarten bürgerlichen Marktsiedlung der reichsstädtische Charakter verliehen
wurde. Die Jahrhunderte währenden Rivalitäten zwischen Fürstabtei und (später
evangelischer) Reichsstadt führten im 30jährigen Krieg sogar mit Hilfe der Schweden und
Kaiserlichen zur gegenseitigen Zerstörung und fanden erst 1802 bei der Annexion durch
Bayern ihren Abschluß.

Die Stadtführung am Nachmittag galt zunächst den Sehenswürdigkeiten der ehemaligen
Reichsstadt: der gotischen Mangkirche (erstaunlich die Darstellung der Kaiserproklamation
von Versailles in einem der neugotischen Glasgemälde!), dem zierlichen, von der

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