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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1966/0269
Vereinsmitteilungen

Nadi den vornehmlich auf Quellenstudien im Sigmaringer Staatsarchiv fundierten Darlegungen
Dr. Kallenbergs stand die Einteilung des Reiches in zunächst sechs (1500), dann
zehn (1512) Reichskreise, ebenso in Zusammenhang mit der Aufgabe, den Landfrieden zu
wahren, wie mit den Reichsreformbestrebungen zu Zeiten der Kaiser Maximilian I. und Karl V.
Diese Kreise gehörten zu den zahlreichen Versuchen, dem monströsen Körper des Reiches
auf föderativer Grundlage neue Ordnungsformen zu geben, wenn auch nicht ihnen, sondern
den nach Selbständigkeit strebenden größeren Territorien die Zukunft gehörte. Nicht alle
Reichskreise brachten es fertig, ein eigenständiges Leben zu entfalten, doch funktionierte
unzweifelhaft der Schwäbische Kreis am besten von allen. Er umfaßte die reichsunmittelbaren
Territorien und Städte zwischen Lech und Rhein, zwischen dem Bodensee und einer
von Karlsruhe über Wimpfen nach Dinkelsbühl verlaufenden Linie, allerdings mit Ausnahmen
: der Streubesitz des Erzhauses in Schwaben wurde dem österreichischen Kreis zugeschlagen
, und die unzähligen ritterschaftlichen Herrschaften waren in eigenen Ritterkreisen
zusammengefaßt.

Die ungeheure Zersplitterung des deutschen Südens wurde wieder einmal ins Blickfeld
gerückt, als Dr. Kallenberg die große Zahl von Kreisstädten nannte, aus denen sich der
Schwäbische Kreis zusammensetzte. Da sich manche Aufgaben in kleinerem Rahmen lösen
ließen, wurde der Kreis später in vier geographische Bezirke eingeteilt, den württembergischen
, badischen, konstanzischen und augsburgischen, wobei die nördlichen hohenzolle-
rischen Gebiete dem badischen, die südlichen dem konstanzischen Kreisviertel angehörten.
Als Organe des Kreises führte Dr. Kallenberg zwei kreisausschreibende Fürsten - der Herzog
von Württemberg war als Kreisdirektor federführend - und die aus den bankvorsit-
zenden Ständen zusammengesetzte Ordinarideputation sowie den als Kreisversammlung in
Ulm tagenden, beschließenden Kreiskonvent an.

In aufschlußreicher Oberschau behandelte Dr. Kallenberg die im Laufe der Zeit wachsende
Bedeutung des Schwäbischen Kreises. Sie war ihm teils vom Reich zugewiesen, teils
hatte er sie sich selbst geschaffen. Summarisch seien aus dem Wirken aufgeführt: der Bau
von Chausseen anstelle der bisherigen primitiven Wege in der Mitte des 18. Jahrhunderts,
die Abwehr der ständigen Versuche des Erzhauses Österreich, seinen Herrschaftsbereich ungebührlich
auszuweiten, einheitliche Währung mit Aufsicht über das Münzwesen, Einfluß
auf Wirtschaft und Handel, Sorge für die innere Sicherheit und Ordnung. In den amtlichen
„Jaunerlisten" waren um 1790 rund 2700 Namen aufgeführt. Für herumziehende Arbeitsscheue
und Verbrecher schuf man Arbeitshäuser; das in Oberdischingen von dem Grafen
Schenk von Kastell, dem „Malefizschenken", errichtete Zucht- und Arbeitshaus nahmen viele
Kreisstände in Anspruch. - Dem Kreismilitär stellte Dr. Kallenberg kein gutes Zeugnis aus,
zumal sich der kreisständische Egoismus negativ auswirkte.

Zum Schluß behandelte Dr. Kallenberg das unverdient schmähliche Ende des Schwäbischen
Kreises, ausgelöst durch die Kriege der Republik Frankreich und des Kaisers Napoleon
L, denn mit dem Alten Deutschen Reich ging auch der Schwäbische Kreis unter. Sein
Gebiet war Glacis der kriegführenden Großmächte. Im politischen Kräftespiel wurde er
förmlich zerrieben, schloß 1796 nach dem Beispiel von Baden und Württemberg einen Waffenstillstand
mit Frankreich und bekam prompt den Zorn der Österreicher zu spüren. Sie
umzingelten die bei Biberach kantonierten Kreistruppen und entwaffneten sie. Im Zuge der
Generalbereinigung der süddeutschen Landkarte durch Säkularisation und Mediatisierung
blieben trotz verzweifelter Versuche der Kleinen nur die Großen und einige Kleine von
Napoleons Gnaden übrig, darunter auch die beiden hohenzollerischen Fürstentümer.

Dr. Kallenberg erhielt für seinen lebendigen und gediegenen Vortrag, der eine Wissenslücke
ausfüllte, starken Beifall. Der Leiter der Versammlung, Schriftleiter a. D. Walter
Sauter, zweiter Vorsitzender des Geschichtsvereins, hatte zu Beginn des Abends das stattliche
Auditorium von Geschichtsfreunden begrüßt. Erfreulicherweise waren viele Lehrer darunter
. Vom Fürstenhaus Hohenzollern war Prinz Meinrad gekommen. Walter Sauter

(Aus: Schwäbische Zeitung, Ausgabe Sigmaringen vom 31. 1. 1966.)

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