Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1967/0015
Aufgabe der landesgeschichtlichen Vereine

Kreisleitung zuzugestehen, daß sie das Programm des örtlichen Geschichtsvereins
festsetze. Daß mit einer zu weit getriebenen Verbreiterung der die Vereinigungen
tragenden Schicht die Gefahr des Niveauverlusts verbunden ist, bedarf, da offenkundig
, keiner besonderen Begründung. Es gibt im Kreise unserer Geschichtsvereine
Gesellschaften, die damit entschieden zu weit gegangen sind. Hier entsteht dann
die Frage, ob das, was in der Hauptsache geboten wird, mit Geschichtswissenschaft
noch etwas zu tun hat.

Dies alles will, im Rahmen unseres heutigen Vortrages, nur als Auftakt verstanden
sein. Es soll uns dazu verhelfen, das Verhältnis der Geschichtsvereine zur Geschichtswissenschaft
aus der Entwicklung unserer Vereinigungen heraus besser zu
bestimmen. Hier bieten sich nun erste, vorläufige Erkenntnisse an, die etwas über
dieses Verhältnis auszusagen vermögen. Wenn unsere Geschichtsvereine als kulturelle
Institutionen älter sind als die kritisch-genetische Geschichtswissenschaft, so läßt
sich daraus ableiten, daß sie andere, weitere Ziele haben (oder doch haben können)
als jene. Wir sind nicht bloße Ableger der Geschichtswissenschaft, die sich von deren
Zentren, etwa den Universitäten, Akademien und großen Instituten (z. B. der
Monumenta Germaniae historica) abgezweigt und aufs Land geflüchtet hätten, um
dort eine Art Reserve, historischen Landsturm, zu bilden. Unsere Aufgaben sind
breiter gefächert. Wir tun zu einem Teil, was die strenge Geschichtswissenschaft
allein nicht leisten kann; zu einem anderen Teil ergänzen wir sie in dem Sinne, daß
wir Erkenntnisse der modernen Geschichtswissenschaft in die äußeren örtlichen Verästelungen
eines großen Baumes wissenschaftlicher Erkenntnis hinübertragen. Damit
ist eine Zweiteilung fixiert: wir fragen zuerst, was wir im Rahmen der Geschichtswissenschaft
mit und für diese tun können; die zweite Frage, die wir uns vorlegen,
wird versuchen, jene Bereiche herauszuschälen, die von der Geschichtswissenschaft
nicht erreicht werden, entweder weil sie nicht in den engeren Aufgabenbereich der
Wissenschaft gehören oder weil sie von dieser ihrer ureigenen Aufgabe entsprechend
nicht oder doch nicht genügend wahrgenommen werden können.

Das erste dieser Probleme ist verhältnismäßig einfach zu umreißen. Ihrem Wesen
nach hat es die Geschichtswissenschaft mit den großen, grundsätzlichen Problemen
des Geschichtsablaufs zu tun. Dies ist zunächst vom Raum, den die Geschichtswissenschaft
in ihre Forschung einbezieht, unabhängig. Am deutlichsten zeigt sich die Problemweite
jedoch in der Universalgeschichte, die darin gleichzeitig ihre Größe wie
ihre Grenzen findet: mit den uns auch heute noch zur Verfügung stehenden, noch
immer begrenzten Mitteln kann die Universalgeschichte die geschichtlichen Bereiche,
die sie einbeziehen will, nur verhältnismäßig oberflächlich behandeln. Solange unser
Geschichtsbild noch im Kern europäisch, also auch europäozentrisch ausgerichtet war,
ging es mit den Möglichkeiten der Erfassung noch an, obwohl auch schon damals
die Universalgeschichte wegen ihrer geringen Tiefenwirkung angefochten war. Seitdem
nun aber Europa aus der Mitte unseres Welt- und Geschichtsbildes gerückt und
zu einem - verhältnismäßig bescheidenen - Teilraum auch der menschlichen Kultur
geworden ist, haben sich die Bedenken verstärkt: die Universal- oder Weltgeschichte
steht in Gefahr, utopische Ziele anzustreben, und damit in der gleichen Gefahr, die
heutzutage weltumspannende Organisationen - etwa die UNO - erleiden. Am
sichersten fühlt sich die Geschichtswissenschaft im Bereich der Staats- und Volksgeschichte
, weil hier der Quellenkreis immerhin überschaubar ist (oder doch zu sein

13


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1967/0015