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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1967/0019
Aufgabe der landesgeschichtlichen Vereine

Sprechende redet aus eigener Erfahrung, durch nichts besser und müheloser zu erreichen
als durch sinnvolle Bezugnahme auf heimatlich-landschaftliches Geschehen. Was
unsere geschichtliche Vereinigungen an Erziehungsarbeit leisten können, hat sich zunächst
an die Erzieher zu richten. Erfreulicherweise ist dies weithin Gemeingut
unserer Lehrerschaft, allerdings bei weitem noch nicht genug.

Wurden die Geschichtsvereine früher gern als Honoratiorengesellschaften betitelt
, so haftet ihnen heute der Geruch an, sie seien Altmänner- (und Altweiber-)
Vereine. In der Tat besteht die Gefahr, wenn die Geschichtsvereine nicht selbst darauf
achten, daß wir der Überalterung anheimfallen. Es gibt Vereinigungen, die zu
unserer Zunft zählen, in deren Kreis der Redner, selbst kein Jüngling mehr, sich als
jugendlicher Naseweis vorkommt. Es gibt aber, Gott sei Dank, auch andere. Ihr
zollerischer Verein bietet mit seinen Veranstaltungen und Schriften, in Verbindung
auch mit den kulturellen Instituten der Residenzstadt, die im kleinen Land auch
von draußen, also vom Land im engeren Sinn, erreichbar sind, gute Gewähr dafür,
daß sich Nachwuchs für Ihren Verein und für all das, was er erstrebt, einstellt.

All dies geht über den Intellekt. Über den Intellekt gehende Erkenntnis ist aber
nicht alles. Geschichtsverständnis fordert mehr als intellektuelles Verhältnis zur
Geschichte und zur Geschichtswissenschaft. Geschichte setzt, wenn sie „verstanden",
d. h. in unmittelbare Beziehung zum Menschen gebracht werden soll, eine innere
Bereitschaft zur Aufnahme voraus. Eine solche Bereitschaft ist in Einzelfällen
von früh auf vorhanden. In der Regel aber muß sie geweckt werden. Es gab
Zeiten, und anderwärts gibt es sie noch heute und heute wieder, da man versuchte
, Geschichtsverständnis über das Nationalgefühl zu erzeugen; eigenartigerweise
läßt sich derartiges auch in Ländern des Ostblocks, etwa in der Mischung von
Marxismus und Patriotismus erreichen. Wir schätzen ein gesundes, Grenzen und
Maße, die unserem Volk gezogen sind, berücksichtigendes Nationalgefühl auch
heute nicht gering ein. Ein Mittel aber, es in diesen Grenzen zu halten, ist seine
Ergänzung durch das Heimatgefühl. Und wenn heute viele, die unter uns leben,
den Verlust ihrer Heimat zu beklagen haben, dann taucht für uns noch die zusätzliche
Aufgabe auf, ihnen die Beziehungen zur neuen Heimat zu erleichtern. Es ist
sicher richtig und wichtig, wenn heute von Bundes und Staats wegen viel getan
wird, um die Geschichte der Ostgebiete zu pflegen; richtig und wichtig ist es aber
auch, wenn wir, in ergänzender Hilfsstellung, den Heimatvertriebenen beistehen,
wenn sie versuchen, das für sie neue Land auch in seinem geschichtlichen Werdegang
zu begreifen.

Lassen Sie mich damit für heute schließen. Es ist neulich, beim Volkskundekongreß
, der zu Beginn dieses Monats in Würzburg stattfand, als eine der Kernfragen
des Tagungsprogramms erörtert worden, was im Vordergrund volkskundlicher
Forschung zu stehen habe: das Grundsätzliche großer Stile oder das „liebevoll
gepflegte Detail". Beide Pole haben Befürworter und Gegner gefunden. Die Wahrheit
liegt, wie uns scheint, in der sinnvollen Verbindung, in der Volkskunde nicht
anders als in der Geschichtswissenschaft. Die allgemeine Geschichtswissenschaft steht
in Gefahr, sich mit den sattsam bekannten „großen Zügen" zu begnügen und den
Wert historischer Arbeit an ihnen abzulesen. Wir in den Geschichtsvereinen Tätigen,
gleich ob Fachhistoriker oder Liebhaber heimatlicher Geschichte, mögen zuweilen
hinter dem „liebevollen Detail" die großen Züge geschichtlichen Werdeganges ver-

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