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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1968/0029
Edilbert Menne

Das Ergebnis der Konsultation war für den jungen Menne negativ. Sein Seelenführer
riet ihm davon ab, in einen Orden einzutreten, und gab ihm den Rat, Diö-
zesangeistlicher zu werden n. Das wäre, den Zeitläufen gemäß und der theologischen
Entfaltungsmöglichkeit nach - menschlich gesprochen -, sicher günstiger
gewesen.

„Allein der Eindruck der rufenden Stimme Gottes hatte seine Seele so ganz
durchdrungen, daß er sich zu keinem anderen Stand entschließen konnte." 92 In seiner
stillen, besonnenen und zähen Art und in einem bemerkenswert konkreten und
selbständigen Gehorsam zur Vorsehung Gottes hielt der junge Menne an seinem
Berufsideal fest. Im Jahre 1769 bewarb er sich im Kloster zum Hl. Grab in seiner
Heimatstadt um die Aufnahme in den Orden des hl. Franziskus.

Wie kam Menne dazu, das Ideal des hl. Franziskus als klösterliche Lebensform
zu wählen? Als langjähriger Schüler und Student der Jesuiten, möglicherweise als
Mitglied ihrer Kongregationen, als Beichtkind, im weiteren Sinne des Wortes, eines
Jesuitenpaters, als Bewunderer der Jesuiten in ihrer wissenschaftlichen und priesterlichen
Art, müßte man annehmen, daß er sich für ihren Orden begeistert hätte.
Oder aber man könnte sich vorstellen, daß er den Weg zum Diözesanklerus genommen
hätte, dem er durch die Heimatkirche St. Moritz und durch den Beruf des
Vaters bzw. Stiefvaters und des Taufpaten verbunden war.

All diesen vorausbestehenden Wahrscheinlichkeiten zum Trotz fühlte sich Menne
von klein auf zum Franziskaner berufen und stand diese Berufung durch. Diese
Tatsache enthüllt einen wesentlichen Zug seiner Persönlichkeit. - Zwei Gründe
können zur Erklärung seiner Entscheidung angeführt werden: einmal Mennes eigene,
persönliche Art und zum andern die einflußreiche Rolle der Franziskaner im Augsburg
seiner Zeit.

Wenn man die später zutage tretenden Züge seiner Persönlichkeit bereits als
Anlagen im jungen Menne grundgelegt sehen darf, dann war er fleißig, bescheiden,
bedürfnislos, selbstbewußt und von einem lebendigen Vertrauen auf die Vorsehung
beherrscht. Sieht man damit seine Liebe zur Einsamkeit, außerdem die Fähigkeit,
sich selbst zu beschäftigen, verbunden, berücksichtigt man dazu die bescheidenen und
sparsamen häuslichen Lebensverhältnisse M, dann ist die persönliche Disposition für
das franziskanische Ordensideal der Armut unverkennbar **.

Von außen kam dazu die einflußreiche Rolle der Franziskaner in Augsburg.
Sie besaßen zwei Zentren: das 25 Kilometer südlich der Stadt gelegene Kloster
Lechfeld, das mit seiner barocken Wallfahrtskirche und dem Kreuzweg mit der weithin
sichtbaren Golgothagruppe den Gläubigen aus der Stadt als Wallfahrtsort
diente, und das Kloster zum Hl. Grab in der Stadt Augsburg selbst, dessen reges

" Felder I 470.

« Ebenda.

03 Ebenda 469.

'* In seiner „Auslegung der hl. Regel" schreibt Menne später: „Wir uersetzen uns durch unsere
heilige Armuth in den Stand der Unschuld, das heißt: wir wollen Menschen seyn, wie jene geboren
wären, die nie gesündigt hätten. — Wir wollen in der sündhaften Welt, mitten unter gottlosen,
gefallenen und ganz uerderbten Menschen den Stand der ungeschwächten, ungefallenen Natur
errichten; — .. . wir wollen alle Uortheile, die uns das bürgerliche Recht und die Macht dieser
Erde uerschaffen kann, uon uns ablegen."

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