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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1968/0186
Neues Schrifttum

hunderts hervorgegangen sind. Dies ist zugleich ein Problem der Quellenlage. Die Urkunden
, die uns vom ausgehenden 11. Jahrhundert an in reichem Maße weiterhelfen, fehlen
100 Jahre früher fast ganz. Der Ansatzpunkt für ein Weiterforschen dürfte das Kloster
Reichenau sein, wo mit Nekrolog und Gedenkbuch Quellen vorhanden sind, die es vielleicht
erlauben, die adelige Gesellschaft der Ottonenzeit in ihrer Breite aufzuzeigen. Daraus
könnten auch neue Erkenntnisse über die Anfänge der Grafen von Nellenburg als einer
der bedeutendsten Familien Schwabens und des Reiches zur Zeit Heinrichs IV. resultieren.

Rom Hansmartin Schwarzmaier

Christian Tubingius, Burrensis Coenobii Annales. Die Chronik des Klosters Blaubeuren.
Textherstellung und Versuch einer Erläuterung von Gertrud Brösamle. Deutsche Ober-
tragung von Bruno Maier.

Stuttgart: Müller und Gräff 1966. LXVI, 357 S., 4 Abb., brosch.
(Schriften zur südwestdeutschen Landeskunde 3).

Seit dem ausgehenden 11. Jahrhundert darf man mit einer reicheren Oberlieferung aus
den damals entstandenen schwäbischen Klöstern rechnen. Fast alle haben unter dem Einfluß
Hirsaus Aufzeichnungen über die Güterschenkungen begonnen, die ihnen die von der Reform
ergriffenen Adeligen ihres Umkreises zukommen ließen, und haben deren Namen in
ihre Totenbücher aufgenommen. Die Schenkungsbücher und Nekrologien schwäbischer Reformklöster
sind unsere ergiebigsten Quellen für die schwäbische Geschichte jener Zeit, an
der die Abteien wesentlichen Anteil hatten. Sie liegen uns in verschiedener Form vor. In
Zwiefalten wurden sie von zwei Verfassern des 12. Jahrhunderts in eine der reichsten
Klosterchroniken verarbeitet, die wir besitzen, und ähnlich liegen die Verhältnisse in Petershausen
, St. Georgen und Ottobeuren. Hirsau selbst, St. Peter oder 100 Jahre später etwa
Weißenau haben ihre Klosterchroniken noch unreflektierter an das urkundliche Material
angeschlossen, und nur im Bereich Weingartens, am Hofe der Weifen, ist ein bedeutendes
Stück echter Geschichtsschreibung des 12. Jahrhunderts entstanden: die Historia Welforum.
Die Überlieferung dieser für uns unschätzbaren Werke stand vielfach unter einem ungünstigen
Stern: aus St. Georgen, Weißenau und Hirsau sind nur neuzeitliche Abschriften erhalten
, deren Quellenwert indessen gesichert ist.

Für Blaubeuren, das es hier zu betrachten gilt, ist die Schwierigkeit eine doppelte, ist
doch die Überlieferung des Klosters nur in der Chronik des Tubingius, diese jedoch in einer
Abschrift des späten 16. Jahrhunderts auf uns gekommen. Christian Tubingius aus Markdorf
(ca. 1475/90-1563), Konventuale in Blaubeuren, dessen letzter katholischer Abt er
später geworden ist, hat seine Annalen kurz vor der Aufhebung des Klosters abgefaßt und
dabei alte Vorlagen aus dem Klosterarchiv verwendet, die er selber beschreibt und auf deren
Authentizität er sich beruft, wobei er seine historische Treue immer wieder beschwört.
Dieser Quellenarbeit des Tubingius war sich die landeskundliche Forschung immer schon
bewußt. Und da seine Chronik in Sattlers Geschichte des Herzogtums Würtenberg (1768)
abgedruckt ist, hat man ihr diejenigen Teile entnommen, die offensichtlich das Gepräge der
Vorlagen erkennen lassen. In das Wirtembergische Urkundenbuch wurden einige nur bei
Tubingius überlieferte Urkunden übernommen, Paul Lehmann edierte das in die Chronik
eingebaute Verzeichnis der alten Blaubeurer Bibliothek, Hermann Tüchle entnahm ihr die
Kirchweihnotizen des 12. Jahrhunderts, und Franz Ludwig Baumann versuchte, die inzwischen
verlorenen Nekrologien zu rekonstruieren, die Tubingius ausgewertet hat. Baumann
war es auch, der die generelle Frage nach dem Wert der Chronik des Tubingius stellte und
zugleich versuchte, eines der Probleme zu lösen, die diese aufgegeben hat: das der „Grafen
von Ruck". Trotzdem blieb das Unbehagen einer Quelle gegenüber, deren Aussagekraft
von der Frage nach den Intentionen und Möglichkeiten ihres Autors abhängig ist.

Das vorliegende Buch, eine Tübinger Dissertation, hat uns diese Quelle erschlossen. Es
zeigt uns Tubingius als wenig selbständigen Kompilator, der seine Vorlagen in mühevoller

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