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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1968/0198
Neues Schrifttum

Revolutionswirren im November 1918 auch in Hechingen und Sigmaringen Arbeiter- und
Soldatenräte gebildet worden waren und in Sigmaringen gar eine tumultuarische Demonstration
von ca. 500-600 Kriegsteilnehmern und Kriegsbeschädigten am 1. Februar 1919
stattgefunden hatte, mündete die Revolution daraufhin in ruhigere und kontrollierbarere
Bahnen ein. Bei einer Bauernversammlung in Hechingen am 14. November 1918 wurden
einige Stimmen gegen Preußen laut, doch die eigentliche Hohenzollernfrage wurde vom
Hohenzollerischen Kommunallandtag aufgegriffen und debattiert. In dem schon am 18.
November 1918 einberufenen Kommunallandtag erklärte der einflußreiche Abgeordnete
Wallishauser: „Mit dem Aufhören der Hohenzollerischen Herrschaft in Preußen ist das
ideale und geistige Band zwischen Hohenzollern, dem Stammland des Königs, und Preußen
zerschnitten. Wir Hohenzollern müssen beim Neuaufbau des Reiches Anschluß an süddeutsche
Verhältnisse, an unser schwäbisches Volkstum finden. Denn wir gehören nicht zum
Norden, wir gehören zum Süden Deutschlands1." Diese Erklärung des Abgeordneten wurde
dann am 22. April 1919 in einem Beschluß des Kommunallandtages dahingehend konkretisiert
, daß sich die Hohenzollerischen Lande dem Zustandekommen einer Republik Großschwaben
nicht entziehen könnten, einer anderen Lösung aber, wie etwa dem Anschluß an
Baden oder Württemberg, nicht zustimmen würden. Diesen Beschluß hat der ehemalige
Vorsitzende des Kommunallandtages und spätere Regierungspräsident in Hohenzollern, Dr.
Beizer, auch in einem Gutachten für die Zentralstelle für die Gliederung des Deutschen
Reiches Anfang 1921 vertreten. Doch die Beratungen dieser Zentralstelle über die Hohenzollernfrage
am 15. März 1921 sind ohne praktische Ergebnisse geblieben, so daß der Vorsitzende
des Kommunallandtages, Pfarrer Vogel, in der Festsitzung dieses Gremiums anläßlich
der 75-jährigen Zugehörigkeit der Hohenzollerischen Lande zu Preußen am 4. Mai
1925 in einer programmatischen Rede einen vorläufigen Schlußstrich unter diese Frage
ziehen konnte: „Großschwaben ist ein Traum und wird wohl Traum bleiben. Eine Ausein-
anderreißung Hohenzollerns in der Weise, daß ein Teil nach Baden und der andere zu
Württemberg geschlagen würde, wird von keiner Seite befürwortet. Ebenso lehnen die meisten
ein Abmarschieren in das Württembergische Lager ab. So bleibt realpolitisch als beste
Lösung das Verbleiben im Verbände des Preußischen Staates übrig."2 Diese Episode der
Geschichte der Hohenzollerischen Lande läßt im kleinen ein Problem aufleuchten, vor das
sich das Deutsche Reich nach 1918 in viel größerem Ausmaß und in zahlreichen Varianten
gestellt sah: Neuordnung und Neugliederung des verkleinerten und veränderten Bismarck-
Reiches.

Dieses Problem, von der höheren Ebene Gesamtdeutschlands aus gesehen, wird in dem
Werk von Gerhard Schulz aufgeworfen, und die Lösungsversuche werden die Jahre hindurch
verfolgt und aufgezeichnet. Ausgangspunkt der Untersuchung sind das Verhältnis der
wichtigsten Parteien des wilhelminischen Reiches zur Revolution 1918 und die Stellung
und Ziele der durch diese entstandenen Arbeiter- und Soldatenräte, hauptsächlich jedoch
des Zentralrates der Arbeiter- und Soldatenräte und des Rates der Volksbeauftragten in
Berlin. Von hier wird die Leitlinie weitergezogen über die Vorstellungen von SPD, USPD
und DDP vom künftigen republikanischen und föderalistischen Staatsaufbau mit den dabei
zu Tage tretenden personellen und regionalen Unterschieden - jedoch fast nur an den
Gegenpolen Berlin-München dargestellt - über die Verfassungsentwürfe von Hugo Preuß
(Staatenhaus) und Max Weber (Bundesrat) und deren Erörterungen auf den Staatenkonferenzen
im Reichsamt des Inneren bis zur Klärung und Festlegung der Staatsorganisation
durch die Weimarer Nationalversammlung. Daß der Verfasser dabei auf der Seite der Anhänger
einer weitergehenden, tiefergreifenden Revolution und eines zentralistischer als bisher
regierten Deutschlands steht, ist nicht zu übersehen.

1 Zitiert nach Geheimrat Sauerland, Die Verwaltung der Hohenzollerischen Lande in der Nachkriegs
zeit (S. 21 ff.), Manuskript im Archiv des Hohenz. Landeskommunalverbands Sigmaringen.

2 Sauerland, S. 54.

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