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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1969/0064
Hacker

den archivalisdien Unterlagen die Entlassungen nach Ungarn gerade aus unserem
Raum noch bis 1772 stark weiterlaufen und erst 1773 abzuflauen beginnen, so
muß man angesichts der Sperre annehmen, daß diese Auswanderer, sofern sie
nicht zu Verwandten zogen, in der Mehrzahl ungarische Freistädte oder private
Grundherrschaften aufgesucht haben; für diese war niemals eine Sperre irgendeiner
Art angeordnet. Auch bei dieser Gelegenheit wird ersichtlich, daß die Kolonisierung
keine staatliche, sondern eine grundherrliche Angelegenheit gewesen ist;
der Staat (dessen Begriff sich gerade erst bildete) war noch der Landesherr -
„L' etat c' est moi!" - und dieser wurde nicht als Träger der Landeshoheit tätig,
sondern rein privatwirtschaftlich als Grundherr für seine Kameralorte.

Der Uberdruck der Bevölkerung schien nun behoben; Auswanderungen kamen
nur vereinzelt noch auf; die wirtschaftliche Entwicklung verlief in ruhigeren
Bahnen. Dafür rüttelten die Forderungen der französischen Revolution am sozialen
System.

Österreich hatte am 15. Januar 1781 die Leibeigenschaft aufgehoben und am
13. Oktober 1781 religiöse Toleranz verkündet; es suchte wieder Kolonisten für
Ungarn und Galizien, welch letzteres ihm 1772 bei der ersten polnischen Teilung
zugefallen war. Die Aufrufe Josefs II. vom 17. September 1781 und 21. September
1782 brachten neue Bewegung in die Auswanderung. Geboten wurden kostenlos
Grund und Boden, Gerät, Viehbesatz, 10 Jahre Freiheit von Lasten, konfessionelle
Freiheit. Wer auf eigene Kosten anreisen, bauen und sich erhalten konnte,
durfte jederzeit kommen und erhielt das Bauholz umsonst. Wer auf staatliche
Kosten anzureisen und das fertige Haus verlangte, hatte sich zu melden und auf
Abruf und Zuweisung von Wien aus zu warten („Erst die Häuser, dann die
Menschen")". Nach dem Dekret vom 18. April 1783 durften ohne ärarische
Unterstützung zunächst nur Handwerker nach Galizien einwandern. Wegen des
starken Andrangs von rund 2000 Familien, von denen 500 noch in Notquartieren
lebten, mußte man am 23. August 1784 Galizien und bald darauf (2. Oktober 1784)
auch Ungarn für nicht auf eigene Kosten reisende und zu bauen gewillte Einwanderer
wieder vorläufig sperrenz5. Deren gab es jetzt wieder genug. Denn ein
trockener Sommer und folgender langer Winter mit besonderer Kälte - die Brunnen
gefroren, die Mühlen hatten kein Wasser - hatten Mißernte und Teuerung herbeigeführt
M.

Ab 1785 mußten die Einwanderer ihre Verträge mit den dazu ermächtigten
Agenten, Residenten oder Kommissaren vorher abgeschlossen haben 21. Für unseren
Raum war zuständig der Hofrat von Blank, Landvogt der österreichischen Grafschaft
Hohenberg in Rottenburg/Neckar, der auch als Resident - etwa = Gesandter
- der von Österreich ausgelehnten Grafschaft Sigmaringen fungierte.
(Daher war er es, der am 4. August 1785 die 18 auswanderungswilligen Parteien
von Troditelfingen und Umgegend nach Wien vormeldete, die lt. Kirchenbuch
am 12. August abreisten und lt. Wilhelm und Kallbrunner am 24. August 1785

M Wortlaut des Ansiedelungspatents vom 21. 9. 1782 siehe C 6; Schumacher (LV 39) 6;

Gerber (LV 10).
!5 Gerber.

28 Schäfer (LV 28), P. Schäfer (LV 30); Schaffner; Kaller.
" Gerber.

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