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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1969/0074
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Grafschaft Sigmaringen, Veringen und Wehrstein (letztere zu Österreich col-
lectabel)38'. Mit Schreiben vom 12. Juli 1755 bat im Auftrag des Kaisers dessen
Oberamt der Landgrafschaft Nellenburg in Stockach den Fürsten von Sigmaringen,
er möge, um die Auswanderung in den Baizer District [Batschka] zu erleichtern,
kein „Abfahrtsgeld und keine Maut" dorthin erheben. Gleichzeitig avisierte man
ihm die Werber Akly und Nuiberger (Neuberger)40. Verständlicherweise warben
diese mit dem Hinweis, die Auswanderer nach der Batschka dürften ihr Vermögen
unverabzugt, also ungeschmälert, mitnehmen 41. Ebenso verständlich dachten nicht
nur die Fürsten von Sigmaringen, sondern auch die anderen Herrschaften - sogar
unter österreichischer Landeshoheit stehende - nicht daran, auf ihre beträchtlichen
Einnahmen aus der Nachsteuer zu verzichten. Die Auswanderer fühlten sich getäuscht
oder übervorteilt. Eine Kette von Beschwerden, Berichten und Bitten um
Erläuterung des Patents folgte, und schließlich - am 27. September 1759, also nach
4 Jahren(!) - mußten die österreichischen Stellen die Angelegenheit dahin erläutern,
es sei nur die Befreiung von landesfürstlich-österreichischem Abfahrtsgeld gemeint;
in die Rechte, „die jeder Herrschaft als domino feudi jure herili privato zustehen",
habe man nicht eingreifen wollen; um derartige - unberührt bleibende - Rechte aber
handelte es sich beim „detractus herilis" (Vermögensabzug aus Erbuntertänigkeit)
und bei der Manumissionsgebühr. Entstanden war der kaiserliche Wunsch, seine
Verlautbarung und der Rückzieher, weil in den Erbländern der Abzug ein Recht
der Landeshoheit, im Vorderösterreichischen nach altem Herkommen ein niedergerichtliches
, praktisch grundherrliches Recht war, und weil man dies in Wien nicht
bedacht hatte.

Ob die betroffenen Emigranten für solche Unterscheidungen viel Verständnis
aufgebracht haben, bleibe dahingestellt. Unrichtig aber ist nach alledem, wenn die
Ansicht vertreten wird42, nach dem „Dekret" vom 12. Juli 1755 seien die Auswanderer
„vom Abfahrtsgeld befreit gewesen", man habe sie aber „trotzdem" mit
Manumissions- und Abzugsgebühren belastet. Das berührte Schreiben gab lediglich
einen Wunsch des Kaisers wieder, der hier nicht in die Praxis umzusetzen war. Zu
einer Anordnung war er weder als Reichsoberhaupt noch als österreichischer Oberlehnsherr
befugt, und als Landesherr vorderösterreichischer Gebiete konnte er in
dieser Angelegenheit nur für Kameralorte bestimmen, wo er auch Niedergerichtsund
Grundherr war.

Um die Abzugszahlungen für Geldübermachungen nach der Auswanderung
brauchte der Auswanderer sich nicht zu kümmern; für den Abzug haftete derjenige,
der ihm das Geld (im Brief oder durch Wechsel) zusandte, also der Pfleger, Guts-
übernehmer, Käufer oder sonstige Schuldner.

40 SAS Sig Fsc C I/2d Nr. 5; Kaller: 674.

41 Schäfer (LV 29, S. 116) meint, die Werber hätten „übertrieben", als sie mit Befreiung vom Abfahrtsgeld
geworben hätten, „denn für die Leibesentlassung standen der Herrschaft nach wie vor
Gebühren zu". Hier werden, wie so oft, Abzug und Manumissionsgebühren durcheinandergebracht.
Auch Kaller (S. 674) meint, das kaiserliche Schreiben habe die Auswanderer von Abzug freigestellt
, und beanstandet, daß man trotzdem Abzug und Entlassungsgeld erhoben habe.

« Kaller (LV 17); 674.

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