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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1970/0060
Hans Speidel

katholischen Seelsorger in den Tagen der Gegenwart". Er sprach darin von der
Finsternis, „welche jahrhundertelang den Himmelsglanz unserer hl. Kirche so kläglich
verdunkelte" und die man wieder heraufbeschwören wolle. Viele wollten in der
Religion das wieder zur Geltung bringen, „was in den Zeiten religiöser Unwissenheit
entstanden und damals bestanden habe, wo selbst die meisten Geistlichen kaum
mehr wußten, als Vaterunser und Glaubensbekenntnis herzusagen, der öffentliche
Gottesdienst — der Lehre des hl. Apostels Paulus zuwider — in einer fremden
Sprache gehalten wurde und sonach kein wahrer christlicher Unterricht des Volkes
stattfinden konnte". Statt die reine Erkenntnis Gottes und Jesu Christi zu fördern,
ereifre man sich für unwesentliche religiöse Nebendinge. Man öffne dem mittelalterlichen
Heiligendienst wieder Tür und Tor, „während doch die katholische Kirche
nur von einer Verehrung der Heiligen weiß und auch diese nicht vorschreibt, sondern
nur als heilsam gestattet". Man weihe und trage wieder gegen Leibesgefahr
und Seelennot „Amulette, Wundermedaillen und wie sogenannten Heiligtümer des
Aberglaubens und frommen Betruges alle heißen". Fast sei man versucht zu glauben,
daß die Prophezeiung des hl. Paulus in Erfüllung gehe, „es wird eine Zeit kommen,
wo man die gesunde Lehre unerträglich finden, hingegen nach eigenen Gelüsten sich
mit Lehren überladen wird, welche die Ohren kitzeln; von der Wahrheit wird man
das Ohr hinweg und nach Märchen es hinwenden". Besonders wurde es Blumen-
stetter von Seiten der geistlichen Obrigkeit vermerkt, daß er diese Predigt im Jahre
1880 — also 33 Jahre später — nochmals drucken ließ und im Vorwort dazu sagte,
daß die „religiösen sittlichen Umstände" seither nicht besser, sondern womöglich
noch schlimmer geworden seien. Darum widme er diese Schrift als „bescheidenes
Vermächtnis" allen, mit denen er als Seelsorger ein halbes Jahrhundert verbunden
gewesen sei. Auch wolle er damit dartun, daß er stets bemüht gewesen sei, die
„reine christkatholische Wahrheit zu verkünden", welche Christus und die Apostel
gepredigt und von Anfang an in der ganzen katholischen Kirche gelehrt worden sei.
Die Ausführungen dieser Predigt seien, so berichtete Jahrzehnte später der Dekan
Heyse an das Generalvikariat, vor allem gegen den damaligen Stadtpfarrer von
Hechingen, Dekan Bulach (1830—1857), gerichtet gewesen". Zwischen Blumen-
stetter und diesem in religiösen Fragen etwas engen, vor allem auch den Wessen-
bergianern ablehnend gegenüberstehenden Geistlichen 74 müssen in der Tat erhebliche
Spannungen bestanden haben, wie sich aus dessen Berichten an das Generalvikariat
ergibt. Dort hat man bei Blumenstetter über manches hinweggesehen, weil
man immer wieder von seinem Wissen beeindruckt war. So bemerkt das Generalvikariat
zu den von Blumenstetter im Jahre 1840 eingereichten Arbeiten für die
Verlängerung der Admission in Boll, die von Dekan Bulach weniger positiv beurteilt
waren:

„Obwohl wir mit einzelnen Ansichten des Verfassers nicht einverstanden sind,
haben wir doch dessen nicht gewöhnliche theologischen Kenntnisse mit Wohlgefallen
wahrgenommen"

EAF, Personalakten Blumenstetter.

Ein Beweis für die engherzige Einstellung des Dekans Bulach dürfte u. a. auch die Tatsache sein,
daß er anläßlich eines Musikfestes im September 1837 gegen die Aufführung des „Messias" una
der „Schöpfung" in der St.-Lutzen-Kirche Protest einlegte; der Erzbischof von Freiburg erteilte
trotz diesem Protest die Genehmigung (Egler, Fürstin Eugenie, S. 30 ff.).
EAF, Personalakten Blumenstetter.

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