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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1970/0096
Hans Speidel

Pfarrer, der ja auch Lokalschulvorstand war. Dieser erschien kurz darauf, hörte sich
die Beschuldigung an, und als der Übeltäter nichts dagegen vorbringen konnte
— so Fink —, „ging er auf ihn zu, packte ihn mit herkulischer Kraft, drückte ihn auf
die Bank vor ihm nieder und schlug ihn mit seinem derben Rohrstock windelweich."229
Von da an soll jede Störung des Unterrichts unterblieben sein.

Blumenstetter war der Pfarrherr seiner Gemeinde im besten Sinn des Wortes.
Groß und wuchtig von Gestalt — damit fiel er ja schon Uhland in der Paulskirche
auf - schritt er meist Achtung gebietend durchs Dorf. In der Regel trug er einen
halbhohen Hut, Stehkragen mit schwarzer Krawatte, keine Soutane, sondern einen
Gehrock nach Art der Wessenbergianer, an den Händen Glacehandschuhe, und gewöhnlich
hatte er einen derben Knotenstock in der Hand. Gegen jedermann war er
leutselig und freundlich, und Hilfesuchende fanden bei ihm jederzeit ein williges
Ohr. Sein Grundsatz im Verkehr mit der Bevölkerung war - so wieder Fink - „Ich
liebe das Volk, aber auf Distanz". Dagegen setzte er sich mit aller Entschiedenheit
für seine Pfarrkinder ein, wenn er sein Eingreifen für erforderlich hielt. Dafür ein
Beispiel: In der Spinnerei Karlstal bei Haigerloch arbeiteten damals viele junge
Mädchen aus seiner Pfarrgemeinde, darunter solche, die noch nicht einmal 16 Jahre
alt waren. Die Arbeitszeit dauerte ohne Hin- und Rückweg von mittags 12 Uhr bis
nachts 12 Uhr, mithin volle 12 Stunden. In der Presse nahm Blumenstetter gegen
die Fabrikherren Stellung, machte auf die Gesundheitsschäden bei den Jugendlichen
aufmerksam, die zu erwarten seien und sich zum Teil schon gezeigt hätten. Auch
wies er darauf hin, welchen sittlichen Gefahren die Mädchen vor allem nachts auf
dem Heimweg ausgesetzt seien. Eine solche Arbeitsweise sei, zumal bei einem Verdienst
von 25 Kreuzern im Tag, nicht zu verantworten. Auch den Eltern der Jugendlichen
redete er ernsthaft ins Gewissen und ermahnte sie, daß sie im Interesse
ihrer Kinder so etwas nicht dulden dürften ***, Ob sein Appell Erfolg hatte, steht
zwar nicht fest. Bei dem großen Einfluß, den Blumenstetter nicht nur bei der Bevölkerung
, sondern auch bei den öffentlichen Stellen hatte, dürfte er jedoch nicht
ohne Wirkung gewesen sein.

Im Pfarrhaus in Trillfingen ging es im Alltag sehr einfach und bescheiden zu.
Täglich gab es zur Mahlzeit, wie damals in den meisten bürgerlichen Häusern,
Knöpfle, im Sommer mit Rindfleisch und Salat und im Winter mit Kraut und Speck.
Die Mahlzeiten waren reichlich, so daß auch für die Bettler an der Türe, die damals
noch häufig unterwegs waren, immer noch etwas übrig blieb. Hatte Blumenstetter
auswärtigen Besuch — häufige Gäste waren Landgerichtspräsident Evelt, Dr. Bosch
und Dr. Geißler aus Hechingen —, wurden auserlesene Speisen aufgetragen und
interessante Tischgespräche geführt. Die Politik war dabei meist das Hauptthema.
Blumenstetter war auch ein großer Garten- und Blumenfreund. Mit seinen Blumen
beschäftigte er sich oft stundenlang und, wenn er verreist war, erkundigte er sich
brieflich nach ihnen und gab Anweisungen für ihre Pflege. Auch zwei Hunde gehörten
zum Hauswesen des Trillfinger Pfarrers, an denen er sehr hing231.

Blumenstetters Verhältnis zu der neuen Regierung scheint in den Trillfinger
Jahren ein recht gutes gewesen zu sein. Seine Ernennung zum Schulkommissar sowie

SM HB. Hech., Erinnerungen Finks an Blumenstetter (K. 800).
IS0 Höh. W. 1867 Nr. 87 und 102.

251 HB. Hech., Erinnerungen Finks an Blumenstetter (K 800).

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