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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1970/0108
Hans Speidel

nötigte Blumenstetter dem Füsten Achtung und Respekt ab. So soll er ihn in den
Boller Jahren öfter wegen seines nicht immer einwandfreien Lebenswandels sowie
wegen der häufigen „Skandälchen" am Hechinger Hof ernstlich zur Rede gestellt
haben. Kein anderer — so hat er Fink später erzählt - hätte dies gewagt, aber auch
von keinem anderen hätte sich der Fürst dies bieten lassen. Wie gegenüber dem
Fürsten selbst, so hielt er auch mit seiner Kritik gegen die Regierungsbeamten nicht
zurück. Aber trotz manchmal heftiger Angriffe ihnen gegenüber unterhielt er außerdienstlich
meist gute und freundschaftliche Beziehungen zu ihnen. So lud er im November
1848 die ganze Hechinger Regierung zu einer Metzelsuppe ein 269.

Blumenstetter war ein sehr vielseitiger Mensch. Vertraut mit dem Schrifttum
seiner Zeit — seine umfassende Bibliothek wurde bereits erwähnt —, zeigte er auch
Interesse für Wissensgebiete, die nicht mit seinem Beruf und auch nicht mit seiner
politischen Tätigkeit zusammenhingen. Eine Verbindung hierzu kann man noch in
seinem Bemühen um ein besseres Schulwesen und in seiner Aufklärungsarbeit in
landwirtschaftlichen Fragen erblicken. Er hielt aber vor einem auserlesenen Bekanntenkreis
auch Vorträge über geschichtliche und philologische Themen. Eine größere
Arbeit über die griechische und römische Götterlehre ist erhalten. Diese Veranstaltungen
fanden meist im „Höfle" in Starzein statt, einem damals beliebten Tagungsort
. Ein Beweis für seine Vielseitigkeit und Gründlichkeit sind auch seine Arbeiten,
die er zur Verlängerung seiner Admission als Pfarrer immer wieder beim Ordinariat
einreichen mußte. So hat ihm die Behandlung des Themas „Über die Besserung entlassener
Strafgefangener" wieder ein Lob des Generalvikars eingetragen. Als großer
Freund der Klassiker soll er — so wieder Fink — auf Spaziergängen, aber auch bei
anderen Gelegenheiten, Ausschnitte aus ihren Werken auswendig deklamiert haben.
Wie viele seiner Zeitgenossen hat er sich auch selbst als Dichter versucht. Meist
waren es Gelegenheitsgedichte im Stil der damaligen Zeit. Seine Freunde Sprißler
und Egler dürften ihm auf diesem Gebiet überlegen gewesen sein. Ein der kranken
Fürstin Eugenie zu ihrem Wiegenfest am 23. Dezember 1846 gewidmetes Gedicht
wird diesem Abschnitt als Anlage beigefügt.

Manches wäre zur Vervollständigung und Abrundung von Blumenstetters
„Portrait" noch zu sagen. So wäre auf seine Freundestreue hinzuweisen, die er vor
allem gegenüber Sprißler gezeigt hat, als dieser in Not war. Es wäre seine soziale
Einstellung zu erwähnen, von der die Einrichtung einer Speiseanstalt im Hungerjahr
1847 sowie sein Eintreten für die jungen Fabrikarbeiterinnen seiner Pfarrgemeinde
gegenüber ungerechter Ausbeutung beredtes Zeugnis geben. Gerade auf
sozialem Gebiet waren die Wessenbergianer ja vorbildlich, und es ist kein Zufall,
sondern die Erkenntnis eines langen Lebens, wenn Blumenstetter die Inschrift auf
seinen Grabstein setzen ließ: „Wer die Liebe nicht hat" — gedacht ist wohl vor allem
an die Liebe zu den Mitmenschen —, „der hat Gott nicht, denn Gott ist die Liebe".
Blumenstetter hat zwar den Ausspruch getan: „Ich liebe das Volk, aber — auf
Distanz". Und noch krasser soll er einmal zu Fink gesagt haben: „Wer sich unter
die Kleie mischt, den fressen die Schweine". Aber das ändert nichts daran, daß er
sich jederzeit mit ganzer Hingabe für seine Pfarrkinder einsetzte, wenn er auch der
Pfarr h e r r blieb, der souverän und achtunggebietend seines Amtes waltete. Er

269 Gönner S. 73.

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