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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1970/0242
Neues Schrifttum

damit für einen objektiven Vergleich verschiedener Gesellschafts- und Vermögensschichten
unabdingbar sind, setzen in allen oberschwäbischen Reichsstädten erst im 16. Jahrhundert
ein. Nur vereinzelte Bücher sind bereits aus dem 15. Jahrhundert überliefert. Die Grundlagen
für eine vergleichende Untersuchung der Verfassungsentwicklung und Sozialstruktur
dieser Städte sind durch mehrere gemeinschaftliche Faktoren gegeben: 1. Sie gehörten ihrer
Bevölkerungszahl nach zu den Mittelstädten (2000-5000 Einwohner). 2. Die Anfänge und
Fortentwicklung ihrer Verfassungs- und Rechtskonstruktion weisen große Gemeinsamkeiten
, ja Parallelen auf. 3. Sie waren in der Folgezeit politisch und durch Familienbande
eng verbunden. 4. Die Städte standen darüber hinaus als Exportgewerbe- und Fernhandelsstädte
in der mittelalterlichen „Industrielandschaft" Oberschwabens mit ihrem in ganz
Europa einschließlich des Mittelmeerraumes einflußreichen Leinen- und Barchentgewerbe in
wirtschaftlichem Zusammenhang (wobei Überlingen als Anbau- und Umschlagplatz von
Agrarprodukten, insbesondere von Wein und Getreide, allerdings eine Ausnahme bildete).

Von dieser Basis und von der Voraussetzung ausgehend, daß die politische und verfassungsrechtliche
Entwicklung einer Stadt nur unter Berücksichtigung ihres gesellschaftlichen
Charakters in ihrer Vielfältigkeit hinreichend geklärt werden kann und daß die gesellschaftliche
Struktur ihrerseits wiederum durch ökonomische Gegebenheiten geformt ist,
stellten sich dem Verfasser die Fragen nach 1. den Trägern der politischen Führung, 2. ihrer
Herkunft aus gesellschaftlich unterschiedlichen Schichten, 3. den Ursachen ihrer Herrschaftsausübung
und 4. der Kontrolle über die Art ihrer Herrschaftsausübung. Er untersuchte
während des Zeitraumes der Zunft Verfassung die Grundfragen des innerstädtischen Lebens,
die institutionellen, gesellschaftlichen und politischen Veränderungen und den entscheidenden
Gegensatz von Zunftverfassung und der 1551 oktroyierten kaiserlichen Magistratsverfassung
.

In drei Hauptabschnitten seiner Arbeit stellt Eitel zunächst die verfassungsrechtliche
Ordnung dar, wie sie sich in den gesellschaftlichen und politischen Institutionen der Zünfte,
des Patriziats, der verschiedenen Ratsgremien, des Gerichts, der Gemeinde, des Bürgermeisters
und des Ammanns spiegelte. Der zweite Abschnitt behandelt die Verfassungswirklichkeit
, die in Ämterbesetzung, Ämterlaufbahn und in der Verteilung der politischen Macht
ihren Ausdruck fand, sowie die Ursachen und Folgen der politischen Kräfteverschiebungen,
welche zum Untergang der Zunftherrschaft führten. Im dritten Abschnitt folgt die gründliche
Auswertung der Steuerbücher und die Darlegung der wirtschaftlichen Gliederung der
Bürgerschaft. Dabei wurden die einzelnen Vermögensschichten, die Stellung der Reichen, die
berufsmäßige Zusammensetzung sowie die Finanzkraft der einzelnen Zünfte und die Struktur
der politischen Führungsschicht herausgearbeitet. Den Anhang bilden eine Ämterliste
und Aufstellungen über die hundert reichsten Bürger einer jeden der behandelten Städte.
Sie liefern das Ergebnis einer Analyse derjenigen Personengruppen, die politische Macht
innehatten. Gleichzeitig sind sie die eigentliche Grundlage, auf der die Erkenntnisse über
die Verflechtung von politischem Einfluß mit gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedingungen
gewonnen wurden. Darüber hinaus geben sie das Beleg- und Anschauungsmaterial
zu den vorangegangenen Ausführungen. Die Listen vermitteln einen unmittelbaren Eindruck
nicht nur von der finanziellen Leistungskraft einzelner Bürger, sondern auch dank der
verzeichneten Zunft-, Berufs- und Universitätsstudiumsangaben von der sozialen Zusammensetzung
der politischen Führungsschicht.

Hervorzuheben ist sowohl bei den Personenlisten im Anhang als auch bei den zahlreichen
in den Text eingestreuten Tabellen zur Vermögensschichtung die minutiöse Kleinarbeit
. Unterschiedliche Besteuerungssysteme und differierende Geldkurse machten die Umrechnung
in eine allgemein verbindliche Währung (hier die Pfennig- und Hellerwährung)
notwendig, um eine Gegenüberstellung der einzelnen Vermögen innerhalb und zwischen
den verschiedenen Städten überhaupt durchführen zu können. Ausgang für die Vermögensvergleiche
bildet der sogenannte Mittelwert, der als durchschnittliches Vermögen aller
bürgerlichen Steuerzahler einer Stadt errechnet wurde und zu welchem sich alle übrigen

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