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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1973/0062
Bernhardt

B. Akten

Hierunter verstehe ich im Allgemeinen alle schriftlichen Geschäftsverhandlungen,
die nicht, wie die Urkunden, einen bereits in die Wirklichkeit eingeführten Beschluß
oder Vorgang förmlich beglaubigen, sondern entweder, in einer fortlaufenden Reihe
schriftlicher Aeußerungen, den allmählichen Entwicklungs Gang einer Begebenheit
oder eines Verhältnisses darstellen, oder auch in Beziehung hierauf nur einzelne
Nachrichten gewähren.

Daß im Archive Akten ebensogut wie Urkunden verwahrt werden müssen,
unterliegt keinem Zweifel, denn sie gewähren immerhin eine höchst wichtige und
unentbehrliche Quelle für die Geschichte, die man nie ohne wahren und merklichen
Schaden vernachläßigt. Ich will nur darauf aufmerksam machen, daß es viele geschichtliche
Erscheinungen gibt, über welche ihrer Natur nach, keine Urkunde ausgefertigt
werden konnte, über welche wir aber in den Akten die nöthigen Nachweisungen
finden; und daß eine Urkunde uns zwar über den Abschluß einer Verhandlung
belehrt, aber selten auch über die Wege, auf welchen man dahin gelangt ist;
daß also unsere rein wissenschaftliche Geschichtskenntniß sehr mangelhaft bleibt,
wenn wir sie blos aus den Urkunden schöpfen wollen. Urkunden und Akten müssen
daher neben einander bestehen, indem sie sich gegenseitig ergänzen.

Da jedoch die Akten von sehr verschiedener Art sind, und nicht, wie die Urkunden
, blos Resultate, sondern ausführliche, oft sehr weitläuftige Verhandlungen enthalten
, so folgt hieraus von selbst, daß eine Auswahl derselben für das Archiv getroffen
werden muß; dieß Geschäft aber scheint mir, wie eines der wichtigsten so
auch der schwierigsten in der ganzen Organisation des Archivwesens, bei welchen
man ganz besonders die wissenschaftlichen Grundsätze im Auge behalten muß,
wenn man folgerichtig verfahren, und kein Stückwerk, sondern ein wohlgeordnetes,
gleichförmiges Ganzes herstellen will.

Als Grundsatz nehme ich hier zuerst an, daß die im Archive aufzubewahrenden
Akten:

1. ganz abgeschlossene Verhandlungen, die aber

2. für die geschichtliche Kenntniß von Wichtigkeit sind,
enthalten müssen.

Die geschichtliche Wichtigkeit der Akten, die ihnen einen Platz im Archive
sichert, beruht nun theils auf der Natur des Gegenstandes, von welchem die Nachrichten
handeln, theils auf dem Verhältnisse dieser Nachrichten zu ihrem Gegenstande
; oder auf dem, was in den Akten von dem betreffenden Gegenstande gesagt
, und auf der Art, wie er darin behandelt wird.

In Ansehung der Gegenstände selbst, rechne ich unter die, zur Aufbewahrung im
Archive geeigneten Verhandlungen:

1. die Personal- und Familien Angelegenheiten der regierenden Häupter und ihrer
Angehörigen; als Geburt, Regierungs-Antritt, Huldigung, Vermählungen, Reisen
, Todesfälle derselben etc. nebst allen, auf dergleichen Vorfälle bezüglichen
öffentl. Feierlichkeiten;

2. die Angelegenheiten des ehemal. deutschen Reichs, und die Verhältnisse einzelner
Staaten zu demselben, sowie die Verhältnisse der Staaten gegeneinander;

3. die gegenseitigen Verhältnisse zwischen den Landesherrn und Unterthanen im
Allgemeinen, oder einzelnen besonders privilegirten Ständen und Corporatio-
nen, (Ritterschaft etc.);

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