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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1973/0082
Bernhardt

wurde, die dazu nothwendigen Acten aber vollständig fehlten. Eine Durchsicht der
älteren Dienstpapiere ergab, daß mein Vorgänger, der GR. Stenzel, sich vor Zeiten
wegen dieser Acten an die Rentämter gewandt hatte, von diesen aber abgewiesen
war: eine Hindeutung darauf, daß die alten Papiere bei ihnen für die Zukunft
nicht hinlänglich gesichert wären, war als Beleidigung mit Entrüstung aufgenommen
worden. Bei erneuten Nachfragen jedoch, die nach längerem Zwischenraum bei vorkommenden
Gelegenheiten an die Rentämter, oder nach deren Auflösung an andere
Behörden gerichtet wurden, ergab sich die vollständige Vernichtung der Papiere,
welche nach Abwicklung der gerade im Augenblick vorliegenden Geschäfte von den
Verwaltungsbeamten als überflüssig betrachtet waren. Es ist mir z. B. unmöglich
gewesen, über den Bau des Klosters Leubus, den großartigsten Prachtbau Schlesiens
im vorigen Jahrhundert, und die bei der Ausschmückung desselben beschäftigt gewesenen
Künstler, die geringste urkundliche Notiz beizubringen, obgleich wenig
mehr als ein Jahrhundert seitdem verflossen war. - Bei Gelegenheit eines mir aufgetragenen
umfassenden Berichts über Patronatsverhältnisse, bei dem sich ähnliche
Mängel herausstellten, hat der Ober-Präsident der Provinz nach allen Seiten Requisitionen
ergehen lassen, allein es war zu spät und fast nichts mehr zu retten übrig.

Aehnliche Erfahrungen werden die meisten Archivare gemacht haben; sie begegnen
überall einem lebhaften Widerstreben der Localbehörden gegen die Con-
centration der älteren Urkunden und Acten, während ein einziger Unglücksfall,
oder falsche Vorstellungen eines sonst vielleicht ausgezeichneten Localbeamten genügen
, um unersetzliche Verluste herbeizuführen, sehr selten aber die zu genügender
Ausnutzung der Urkunden nöthigen Kenntnisse und Hülfsmittel außerhalb des Archivs
zu finden sind. Dagegen bieten uns die gut verwalteten Klöster der Vorzeit
und auch noch der Gegenwart, wie überhaupt, so auch in dieser Hinsicht das Musterbild
einer umsichtigen Archiv-Verwaltung. Sie haben immer die Urkunden aller
ihrer Herrschaften und Cellen im Mutterkloster vereinigt und in sorgfältigster
Ordnung verwahrt, hier die Verhältnisse jeder einzelnen Herrschaft genau untersuchen
lassen, und das Resultat dieser Forschung nebst Abschrift der nöthigen Documenta
dem Verwalter der betreffenden Herrschaft hinaus gegeben.

Das K. Provinzial-Archiv ist immer bemüht gewesen, denselben Standpunkt
festzuhalten, und in der Erinnerung an diese Verhältnisse habe ich, wie bemerkt,
eine Veranlassung gefunden, auch hier auf die Nothwendigkeit hinzuweisen, dem
Archivar, welcher über die wichtigsten Verhältnisse vollständige Auskunft ertheilen
soll, auch das vollständige Material zur Verfügung zu stellen.

Schließlich darf ich nicht unterlassen, auch noch des K. Kreisgerichts zu Hechingen
, nebst der Gerichtsdeputation in Sigmaringen und den Gerichts-Commissionen
in Gammertingen, Glatt, Haigerloch und Wald, zu gedenken, da denselben, wie
überall, so auch hier, alle Denkmale des alten Gerichtswesens übergeben sind. Dieses
Verfahren hat schon sehr vielen wichtigen alten Schriften den Untergang gebracht,
da die K. Gerichtsbehörden nur zu geneigt und gewohnt sind, alle älteren Acten zu
cassiren, und zwar um so mehr, da dieses Geschäft vorzugsweise in der Hand von
Registraturbeamten ist, die bei dem Ertrag von Cassationen pecuniär interessirt
sind.

Es ist daher von Wichtigkeit, über das bei diesen Behörden vorhandene ältere,
nur noch historisch brauchbare Matrial sich durch persönliche Einsicht Kenntniß zu
verschaffen; ein einsichtiger Director wird gegen die Ueberlassung von Antiquitä-

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