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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1973/0179
Besprechungen

an die Fürsten von Schwarzenberg überging. Das Urteilerkollegium, die „Assessoren", wurde
aus dem Rat der Stadt Rottweil gewählt. Inhaltlich lag das Schwergewicht der Rottweiler
Jurisdiktion im Bereich der Grundstücksverträge und der Nachlaßregelungen, aber auch
Prozesse um Geldforderungen und Hoheitsrechte beschäftigten das Gericht regelmäßig;
die Strafjustiz scheint schon früh an lokale Gerichte abgegeben worden zu sein. Die örtliche
Zuständigkeit des Hofgerichts umfaßte nicht nur das frühere Herzogtum Schwaben, sondern
auch große Teile von Franken. Allerdings darf auch hier - wie insgesamt in der
mittelalterlichen Gerichtsbarkeit - der Gerichtsbezirk nicht als festumrissenes Gebiet angesehen
werden, da innerhalb des Sprengeis zahlreiche lokale Gerichte mit dem Hofgericht
konkurrierten. Zwar hatte sich jeder reichsunmittelbare Stand im Hofgerichtsbezirk auf
Klage vor dem Hofgericht zu verantworten, doch waren die bedeutendsten Territorien in
Südwestdeutschland - wie auch die Stadt Rottweil selbst - vom Gerichtszwang zum
Rottweiler Hofgericht ausgenommen. Grube zeichnet ausführlich den zähen Kampf des
Rottweiler Hofgerichts gegen diese Exemtionsprivilegien, insbesondere im 14. und 15. Jahrhundert
. Mit der Konsolidierung der Territorialherrschaften konnte das kaiserliche Landgericht
seine Jurisdiktionsgewalt jedoch immer weniger behaupten, sodaß seit dem 16. Jahrhundert
die Bedeutung des Rottweiler Gerichts entscheidend zurückging: „Die Umstrittenheit
der Rottweiler Jurisdiktion in manchen Bezirken des Sprengeis brachte es mit sich,
daß die von dort stammenden Prozesse oft schon bei der ... Frage der Zuständigkeit stehen
blieben" (S. 29). Zur Zwangsvollstreckung seiner Entscheidungen bediente sich das Hofgericht
noch im 15. Jahrhundert neben der Verhängung von Acht und Aberacht mitunter der
Verstärkung durch geistlichen Bann und Exkommunikation, was die geistlichen Gerichte
jedoch mehr und mehr ihrem eigenen Verfahren vorbehielten. Einen entscheidenden
Einbruch in die Autorität des Rottweiler Hofgerichts brachte die Schaffung des Reichskammergerichtes
im Zuge der Reichsreform von 1495. Gegen die Rottweiler Urteile konnte
jetzt an das Reichsgericht appelliert werden, was beim bekannt schleppenden Gang der
Reichsgerichtsprozesse die Durchsetzung des erstinstanzlichen Urteils weithin illusorisch
machte. Der Beurkundungstätigkeit des Rottweiler Hofgerichts wurde durch das im 16.
Jahrhundert aufkommende Notariat entscheidender Abbruch getan. Grube stellt für das
16. Jahrhundert denn auch fest, daß der Hochadel das Rottweiler Gericht kaum noch in
Anspruch nahm, unter den Parteien vielmehr jetzt die Reichsritterschaft und das Bürgertum
dominierten. Im 17. Jahrhundert ging die Zahl der Prozesse in Rottweil nochmals entscheidend
zurück, im 18. Jahrhundert schließlich kam es nur noch vereinzelt zu Verfahren
vor dem Hofgericht. Mit der Auflösung des alten Reiches gingen die einst kaiserlichen
Justizfunktionen an die Territorien über. Zwar gab es in der Reichsstadt Rottweil immer
wieder Pläne und Versuche, dem Hofgericht und damit der Stadt das frühere überregionale
Ansehen zurückzugewinnen. So waren die Hofgerichtssitzungen bis ins 18. Jahrhundert
festliche Glanzpunkte im öffentlichen Leben der Stadt. Aber angesichts dieser veränderten
Verhältnisse blieben solche Versuche ohne Erfolg. Beim Übergang der Stadt Rottweil an
das Herzogtum Württemberg im Jahre 1802 wurde das Rottweiler Hofgericht aufgehoben.

Die Arbeit von Grube bringt über die Darstellung der vorstehend skizzierten Geschichte
des Hofgerichts hinaus im zweiten Hauptteil (S. 90-212) eine umfassende Darstellung
der Organisation des Hofgerichts. Hier wird die Gerichtsleitung durch die Hofrichter
und deren Statthalter ebenso eingehend untersucht wie das Wirken der Urteilssprecher
, die sich seit dem 14. Jahrhundert ausschließlich aus dem Patriziat der Reichsstadt
Rottweil rekrutierten. Das Amt des Hofgerichtsschreibers war nachweislich seit 1364 mit
dem des Rottweiler Stadtschreibers verbunden. Da also ein durch Universitätsstudium gebildeter
Jurist entscheidenden Einfluß auf die Gerichtstätigkeit gewonnen hatte, war der
Spruchtätigkeit des Hofgerichts Anschluß an das rezipierte römische Recht gesichert.

Abschließend läßt sich feststellen, daß es Georg Grube gelungen ist, die rechts- und
landesgeschichtliche Forschung um eine umfassende und gründliche Darstellung des Rottweiler
Hofgerichts zu bereichern, und damit eine seit langem bestehende Lücke zu schließen.
Tübingen Erwin Schömbs

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