Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
13(100).1977
Seite: 122
(PDF, 41 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1977/0124
Bader

bietsverfassung bestimmen. Über Ursprung und Wesen der Huntaren herrscht
nach wie vor Streit; auch die Deutungsversuche von Hans Jänichen sind nicht als
endgültig anzusehen. Fest scheint nur zu stehen, daß Huntaren - schon die Ubersetzung
mit Centena-Hundertschaft ist problematisch - in Gebieten anzutreffen
sind, die nicht eindeutig einem Gau zuzuordnen sind. Die Unsicherheit wird im
Falle von Meßkirch verstärkt dadurch, daß der Huntari-Name schon im 11. Jahrhundert
einer jüngeren Gaubezeichnung, dem Ratoldsbuch weicht. Auch von diesem
„pagus Ratoldi" wissen wir nicht viel mehr, als daß er im wesentlichen identisch
ist mit der späteren Grafschaft Sigmaringen. Wiederum aber zeigt sich eine
auffällige Unregelmäßigkeit: innerhalb der Grafschaft Sigmaringen bildet sich ein
kleinerer Verband heraus, unweit Meßkirch, der nach Rohrdorf benannt wird -
nicht eigentlich nach dem Dorf, sondern nach einer Familie, die sich um die
Jahrtausendwende auf dem früh zerfallenden Burgplatz Benzenberg bei Rohrdorf
ansiedelte. Offenbar waren die Herren von Rohrdorf Bezirksvögte des Inselklosters
Reichenau. Ihr Herrschaftsbereich entspricht ziemlich genau demjenigen der
späteren Herrschaft Meßkirch. Auf die Grafen von Rohrdorf, neben denen noch
eine abhängige Dienstmannenfamilie gleichen Namens in den Quellen des
12. Jahrhunderts vorkommt, folgen die Truchsessen von Waldburg; ein Teil dieser
großen, in anderen Linien noch heute blühenden Familie nannte sich auf Grund
der Rohrdorf-Erbschaft Truchsessen von Rohrdorf. Ihr Hauptsitz war aber nicht
mehr der Benzenberg bei Rohrdorf, sondern der alte Kirchort Meßkirch.

Warum dann nicht gleich Truchsessen von Meßkirch möchte sich der Landeshistoriker
fragen, wenn Meßkirch denn schon Zentralort war. Mit der Deutung
des Namens Meßkirch hat es sich die Forschung unnötig schwer gemacht. Über
den Namenbestandteil „-kirch" kann es ja keine Zweifel geben. Irregeführt hat
dagegen die Deutung des Namenteiles „mess-" durch Franz Ludwig Baumann, der
im Anschluß an Forstmanns Althochdeutsches Namenbuch 2 I S. 1107 dazu
neigte, möglichst viele Ortsnamen mit sogenannten Personenpräfixen zu erklären:
Meßkirch also „Kirche des Masso oder Messo". Nun - einen Mann dieses Namens
suchen wir in der Goldinerhuntare vergebens; die Suche ist auch überflüssig,
denn „mess" ist nichts anderes als „missa". Die Form missa geht ins Althochdeutsche
über. Sie stammt aus der Entlassungsformel „Ite, missa est", wird zur Bezeichnung
für die Gottesdienst-„Messe" überhaupt, in übertragenem Sinne aber
auch Ortsbezeichnung, also Wallfahrt, Kirchplatz, schließlich Jahr- oder Kirchweihmarkt
. „Messkirch" erweist sich demnach, durchaus dem Befund einer Martinskirche
entsprechend, als Sitz einer Zentralpfarrei und eines sich daran anlehnenden
Marktes. Die Pfarrei Meßkirch ihrerseits entspricht mit ihren Filialorten
ziemlich genau der Grafschaft Rohrdorf, die nie eine richtige Grafschaft, d. h. ein
Gerichtsbezirk gewesen war, und erst recht genau der Herrschaft Meßkirch, die
wir, wie gesagt, in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts bereits in zimmerischem
Besitz finden - ein kleiner Herrschaftsbezirk, der aus einer alten reichenauischen
Vogtei hervorgegangen ist. Dies erklärt auch alsbald, daß es den Zimmern
nie gelang, die volle Gerichtshoheit, insbesondere die hohe oder Blutgerichtsbarkeit
in der ganzen Herrschaft zu erwerben. Stets behauptete die Grafschaft Sigmaringen
ihre Hoheitsrechte; die Inhaber der Herrschaft Meßkirch, also auch die
Zimmern, blieben auf die Gerichtshoheit innerhalb des Stadtetters von Meßkirch
und der Dorfetter der zugehörigen Orte beschränkt - Grund unablässiger Streitigkeiten
mit den Grafen von Werdenberg-Sigmaringen und nachmals den Zol-

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