Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
13(100).1977
Seite: 130
(PDF, 41 MB)
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Richter

diesem Thema, nämlich in dem Buch von Walter Grube über den Stuttgarter
Landtag, gern zitiert wird 4.

Das Besondere aber an der Situation in Württemberg ist in folgendem zu sehen
:

Schon im 15. Jahrhundert war ein Landtag entstanden, in dem die Prälaten als
Repräsentanten der großen Klöster und Vertreter der Städte saßen 5. Diese „Stände
" erhielten 1492 außergewöhnliche Vollmachten unter Eberhard im Bart
gegenüber dessen voraussichtlichen Nachfolger, weil dieser noch zu Lebzeiten
Eberhards im Bart Schlimmes für ein ordentliches Regiment befürchten ließ. Tatsächlich
setzte der Landtag dann 1498 schon zwei Jahre nach dem Regierungsantritt
den offenbar zur Regierung nicht fähigen Herzog Eberhard II. ab und dessen
Neffen Herzog Ulrich vorzeitig als Nachfolger ein. Doch auch Herzog Ulrich
sollte die ständische Macht zu spüren bekommen. Als er 1514 eigenmächtig die
Verbrauchssteuer, das Umgeld, erhöhte, erhob sich dagegen im Remstal ein Bauernaufstand
, der unter dem Namen des „Armen Konrad" in die Geschichte eingegangen
ist.

Für den Ausgang der für den Herzog nicht ungefährlichen Situation mußte
entscheidend werden, wie sich die Städte verhielten. Schlugen sie sich auf die Seite
der Aufständischen, stand es schlimm um den Herzog. Gelang es aber, die Bauern
zu isolieren, besaßen sie keine ernsthafte Chance.

Dies erkennend, berief Herzog Ulrich einen Landtag nach Tübingen und war
er zu wesentlichen Zugeständnissen bereit. Das Ergebnis hielt man in einer Vergleichsurkunde
fest. Diese heißt nach ihrem Ausstellungsort Tübinger Vertrag und
enthält sehr wichtige Abmachungen *, Für die damalige Zeit hatte Belang, daß die
Stände sich zu Zugeständnissen bezüglich der Übernahme von hohen Geldleistungen
bereit erklärten. Für die Verfassungsentwicklung im Herzogtum Württemberg
aber und deren geschichtliche Wertung erwiesen sich die Rechte, die als Grundrechte
formuliert bzw. dem Landtag eingeräumt wurden als weitgehend neu und
zukunftsträchtig. Im wesentlichen handelt es sich um das Recht der Steuerbewilligung
, d. h. nur mit Zustimmung des Landtags durften künftig neue Steuern erhoben
werden. Ferner um die Mitsprache vor Kriegen, denn Hauptkriege, also echte
Kriege, die nicht nur Fehden darstellten, konnte der Herzog künftig nur noch
„mit rat und wissen gemainer landschaft" führen.

Als Rechte mit herausragender Bedeutung gelten ferner die Zubilligung des
freien Abzugs und der Vollzug der Kriminaljustiz nur nach rechtmäßigem Urteil,
wichtig vor allem, weil sie nicht nur eine privilegierte Schicht begünstigten, sondern
allen Untertanen zugute kamen. Freier Abzug hieß, man konnte auswandern
und brauchte auf das mitgenommene Vermögen keine Abzugssteuer zu zahlen.
Dies ist in der Tat ein bemerkenswertes Recht, das selbst in der Gegenwart noch
nicht alle Menschen auf dieser Welt besitzen. Die Voraussetzung eines Urteils für
bestimmte Bestrafungen mußte die obrigkeitliche Willkür einschränken.

4 Walter Grube, Der Stuttgarter Landtag 1457-1957, Stuttgart 1957, S. 5.

5 Zum folgenden vgl. ebda, passim. Anfänglich waren die Ritter vertreten, doch fielen
sie als Landstand im 16. Jahrhundert hier aus.

» Ebda. S. 83 f., s. auch Walter Grube (HG.), Der Tübinger Vertrag vom 8. Juli 1514.
Faksimile-Ausgabe [1964], ferner Jürgen Sydow, Zum Problem kaiserlicher Schiedsverfahren
unter Maximilian I. Der Tübinger Vertrag von 1514, 1973.

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