Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
13(100).1977
Seite: 203
(PDF, 41 MB)
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Besprechungen

kultät im wesentlichen in drei Zeitspannen einteilen: Die Gründer- und erste Blütezeit unter
Herzog Eberhard im Bart (1477-1496), eine unruhige, wenn auch nicht kritische Phase
unter den Herzögen Eberhard II. und Ulrich (1496-1519) und schließlich eine verhältnismäßig
beständige Zeit unter der österreichischen Herrschaft bis zur Neuordnung der
Universität nach der Rückkehr Herzog Ulrichs (1519-1534).

Die Arbeit ist in vier Kapitel eingeteilt, dem sich als fünftes eine Zusammenfassung
anschließt. Zunächst wird die „Organisation der Tübinger Juristenfakultät" dargestellt
mit ihren Organen der Fakultätsversammlung (Congregatio Facultatis oder Regenz), dem
halbjährlich wechselnden Dekan und den Pedellen. Die Verfassung der Juristenfakultät,
die innerhalb der Gesamtkorporation der Universität ein beschränktes Selbstverwaltungsrecht
besaß, ist statuiert in der Fakultätssatzung von 1495, die bis 1539 in Kraft blieb.
Finke vermutet, daß der Satzung von 1495 entsprechend dem Beispiel der anderen Fakultäten
eine frühere vorausgegangen sein muß. Zwingende Beweise dafür gibt es allerdings
nicht. Neben der Pflichtenbeschreibung der Fakultätsämter enthält die Satzung Bestimmungen
über Vorlesungen und Graduierungen. Die Juristenfakultät besaß seit ihrer Gründung
die vergleichsweise hohe Zahl von sechs Lehrstühlen. Als bemerkenswert fortschrittlich
kann hervorgehoben werden, daß das Kirchenrecht zahlenmäßig keine Vorrangstellung
einnahm, sondern daß sich Legistik und Kanonistik gleichmäßig in die Lehrstühle
teilten. Hier vermag der Verfasser die bislang verbreitete Ansicht zu korrigieren, daß in
Tübingen zunächst nur zwei Legistenprofessuren eingerichtet worden seien.

Ein besonderes Tätigkeitsfeld der deutschen Juristenfakultäten war die Gutachter- und
Spruchtätigkeit. Es handelte sich dabei um die Mitwirkung der Gelehrten in der Rechtspraxis
, nachdem die traditionelle Laiengerichtsbarkeit durch die Rezeption zunehmend in
eine Krise geriet. Die zunächst gutachtliche, später jedoch auch verbindliche Spruchtätigkeit
der Juristenfakultäten trat damit an die Stelle der überkommenen Spruchautoritäten
, die den jetzigen Anforderungen nicht mehr gewachsen waren und daher meist ihre
Tätigkeit einstellten. Die Tübinger Spruchberatung ist bereits durch die Dissertation von
Jochen Geipel (Die Konsiliarpraxis der Eberhard-Karls-Universität und die Behandlung
der Ehrverletzung in den Tübinger Konzilien, Stuttgart 1965; besprochen in dieser Ztschr.
89, 1966, S. 228 ff.) dargestellt worden. Es ist zu begrüßen, daß Finke diese Thematik für
seinen Untersuchungszeitraum nochmals aufnimmt und vertieft, nachdem Geipels Ausführungen
doch allzu kursorisch geraten waren. Die wenigen bekannten Tübinger Fakultätskonzilien
bestätigen einmal mehr, daß parteiberatende Gutachten zu dieser Zeit noch vornehmlich
für den Adel, die hohe Geistlichkeit und Korporationen erstattet, während Entscheidungshilfen
von Schiedsgerichten wiederum dieses Interessenkreises erbeten wurden.
Im übrigen begnügte man sich vor allem im südwestdeutschen Bereich weitgehend mit der
Raterteilung durch einzelne Juristen.

Das zweite Kapitel behandelt den „Rechtsunterricht in Tübingen" und gibt Aufschlüsse
über Gegenstand und Methode des Unterrichts, die Vorlesungsverpflichtungen der Professoren
, Repetitionen und Disputationen, über Studiengang und Examina. Durchaus in
das Bild der Lektionsregulierungen fügt sich ein, wenn die Professoren auf den Vortrag
der herrschenden Meinung ohne einseitige Bevorzugung von Autoritäten oder gar der
Hervorkehrung der eigenen Meinung verpflichtet wurden. Prüfungsbedingte Promotionen
waren wie anderswo das Bakkalaureat, bis zu dessen Erlangung ein Studium von zweieinhalb
Jahren zurückgelegt werden mußte, und das darauffolgende Lizentiat, das den gleichen
Studienzeitraum voraussetzte. Für das Doktorat waren die prüfungsmäßigen Leistungen
bereits mit dem Lizentiat erbracht, so daß die Erlangung dieses Titels nur mehr eine
Formsache und nicht zuletzt eine Kostenfrage war. Der überlokale Zusammenhang dieses
Themenkreises ist jetzt dargestellt bei: Karl Heinz Burmeister, Das Studium der Rechte,
1974; die hier zu besprechende Arbeit von Finke ist darin bereits berücksichtigt.

Das umfangreichste dritte Kapitel ist dem „Lehrkörper der Tübinger Juristenfakultät"
gewidmet. Dieser Teil enthält - bibliographisch vorbildlich aufgearbeitet - die Lebensbilder
der Juristen, die als besoldete Kanonisten und Legisten oder auch ohne nachweisba-

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