Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
13(100).1977
Seite: 205
(PDF, 41 MB)
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Besprechungen

wegung beigemessen wurde. (Ergänzend dazu Paul Sauer: Revolution und Volksbewaffnung
: die württembergischen Bürgerwehren im 19. Jahrhundert vor allem während der
Revolution von 1848/49. Ulm: Süddt. Verl.-Ges. 1976). Er arbeitet geschickt einen Teilaspekt
der revolutionären Bewegung ins Tableau ein, die Bemühungen um eine Universitätsreform
mit bemerkenswert modernen Zügen wie auch den Anteil, den Tübinger Studenten
und Professoren an ähnlichen Versuchen auf nationaler Ebene hatten. Er geht auf
besondere Vorkommnisse ein wie etwa das mehr gut gemeinte als vernünftig geplante oder
gar von Erfolg gekrönte Unternehmen von Studenten und Arbeitern, den badischen Aufständischen
zu Hilfe zu kommen. Abschließend behandelt er die Liquidierung der Revolution
. Im Hintergrund dabei ein König, der sich von Württembergs geliebten Herren nicht
gerade als der liebenswerteste erwies, und dies namentlich nicht Tübingen gegenüber, der
Stadt mit der Hohen Schule des Landes, die mit allzuviel Demokratie nur allzusehr die
landesväterliche Huld strapaziert hatte. Dabei hätte König Wilhelm sein Haupt ruhig
auch in den Schoß der Tübinger Demokraten legen können, denn keiner forderte es. Reformen
wollten sie und nicht den „Umsturz aller Dinge". So gesehen, fügt sich denn auch
die Bewegung in Tübingen ins gesamtwürttembergische Bild, spiegelt sich im kleinen, was
sich auch im großen tat. Trotzdem werden aus der Perspektive einer Stadt gesehen einige
Züge deutlicher. Die Revolution war in der Tat Volkes Sache, das Bedürfnis nach Veränderung
enorm, die Fähigkeit, sich aus einem politisch unmündigen Volk über einen schnellen
Lernprozeß in ein politisch urteilsfähiges zu wandeln und sich dabei auch rasch in politische
Lager und Parteien zu differenzieren, erstaunlich. Aufschlußreich dann auch, wie
die alten Gewalten schließlich auch in Tübingen ihre Helfer und Mitläufer fanden und
wie sich aus der Schicht der „Herren" allmählich eine Gruppe herausschälte, die auch
einem reaktionären Preußen jenen Kredit entgegenzubringen bereit war, der sie dann nach
1866 zu nahelos bedingungslosen Anhängern einer Reichseinigung nach dem Muster des
Norddeutschen Bundes machen sollte.

Im Gegensatz zu Sieber behandelt Bernhard Mann in seiner Habilschrift eine Ebene,
die über den regionalen Bereich hinausreicht: die wechselseitigen Beziehungen zwischen
der Nationalversammlung in Frankfurt und Württemberg, bzw. seiner Bevölkerung. Was
erwartete diese von Frankfurt und was trug sie zum Verfassungswerk der Paulskirche bei?
Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Württemberg war ein zu kleines Land, um im Alleingang
das Bevormundungssystem des Vormärz durchbrechen und mit Erfolg eine liberale
Reformpolitik einleiten zu können. Daher erhoffte es sich vom Versuch in Frankfurt, für
ganz Deutschland eine freiheitliche Verfassung zu erarbeiten, Auftrieb und Rückhalt für
Reformen im eigenen Land. Dies bedingte umgekehrt, daß den Württembergern auch daran
gelegen sein mußte, daß in Frankfurt etwas zustandekam. Die Voraussetzungen für
einen positiven eigenen Beitrag waren gut. Denn eine mehrheitlich fortschrittlich eingestellte
Bevölkerung wählte Persönlichkeiten in die Paulskirche, die im wesentlichen links von der
Mitte standen und daher durchweg antreibend wirkten. Diese Verquickung von innerer
Reformpolitik und entsprechenden Erwartungen an eine nicht minder fortschrittliche gesamtdeutsche
Verfassung führte dann dazu, daß Württemberg die Reichsverfassung, als sie
endlich da war, auch annahm und selbst der bockige König über diese Hürde mußte.
Württemberg war damit das einzige Land, das diesen Schritt tat. Das ehrte das Land,
brachte es aber auch in die Verlegenheit, das Parlament in seiner Endphase, das nach
Stuttgart übergesiedelte Rumpfparlament, mit Militärgewalt aufzulösen, als es allzu links-
lastig geworden war und rundum bereits die Reaktion die Oberhand gewann, sichtbares
Zeichen dafür, daß die „Revolution" nun auch in Württemberg ihr Ende fand.

Mann hat für seine Arbeit enorm viel Material aufgearbeitet, den roten Faden, der da
zwischen Stuttgart und Frankfurt gespannt war, bis ins Detail im Auge behalten; er schildert
das Auf und Ab der Stimmung im Lande, das Entstehen der einzelnen politischen
Gruppierungen und Vereine, die vielfachen Umschichtungen und den zunehmenden Trend
hin zur Demokratie, er bleibt einzelnen Persönlichkeiten auf der Spur, voran dem souveränen
, auch taktisch versierten Märzminister Friedrich Römer, der es verstand, die Bewe-

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