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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1978/0053
Juden in Hohenzollern

Jitdenschafft zu Dettensee, weil man doch die Begebenheiten der Welt heut zutag
nicht blos nach Wahrscheinlichkeiten berechnen kan, daß es Euer Hochwürden
genaigtest gefällig seyn möchte, uns für das Vergangene und für die Zukunfft
gedachter Clausel, die wahrscheinlich biß jezt nur als Formale angesehen wurde,
hochgeneigtest zu entlaßen. - So allgemein es nun bekannt, durch so viele Bey-
spiele es erprobt ist, daß das alleinige Streben Euer Hochwürden nur allein auf
die Beförderung des Wohlstandes und des Glückes von dero Untergebenen gerichtet
ist, so gewiß es ist, daß jede Sache schon dardurch allein denenselben
empfolen ist, daß sie einen Gegenstand der leidenden Menschheit betrifft, so gewiß
und zuversichtlich hoffen wir von dero hohen und milden Gesinnungen, daß
unsere gegründete Klagen, die wir durch das biß her Vorgetragene in freymüthiger,
unumwundener Sprache allein nur durch das Gefühl der Wahrheit geleitet, ganz
gehorsamst darzustellen uns erkühnten, bey Euer Hochwürden uns gänzliche und
baldige Hülfe gewähren, und wir nicht nötig haben werden, mit einer noch
dringenderen und weiter außgeführten Darstellung uns an unsern gnädigsten
Fürsten selbst zu wenden.

Schon vorläufig wünschen wir, daß der reiche Seegen Gottes denenselben alles
das nach jeder Rücksicht belohnen möge, was dieselbe für unsere arme niderge-
drückte so sehr leidende Judenschafft thun werden.

Die wir in tieffster Ehrfurcht ersterben,

Euer Hochwürden

den 2. Junii 1796

unterthänigste
Judenschaft zu Dettensee

Verfaßt Dr. Müller, herzoglich wirttembergischer Canzleiadvokat. Tax 5 fl
30 kr.

Original, Papier.

Lagerort: Staatsarchiv Sigmaringen, Ho 163 (Murische Herrschaft Glatt), Akten
Nr. 112.

In den deutschen Staaten setzte die Judenemanzipation zu Beginn des 19. Jahrhunderts
ein, zog sich aber über Jahrzehnte hin. Die volle bürgerliche Gleichstellung
errangen die Juden oft erst in den 60er Jahren, so in Baden 1862 und in
Württemberg 1864.

In Baden, dem einen Nachbarstaat von Hohenzollern, brachten die Konstitutionsedikte
auch für die jüdische Bevölkerung entscheidende Verbesserungen
ihrer rechtlichen, politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lage: 1807 wurden sie
als Beamte im Staatsdienst, außer in der Legislative, zugelassen, 1808 wurden
ihnen der Erwerb von Grundbesitz und die Betätigung in Handel und Gewerbe
gestattet. Sie erhielten gleichzeitig erstmals ein Recht auf Heimat in ihrem Geburtsort
. Allerdings hatten sie in ihren Wohngemeinden nur den Status von
Schutzbürgern und waren demzufolge vom Wahlrecht bei Gemeindewahlen und
von den Bürgernutzungen ausgeschlossen. Das 9. Konstitutionsedikt von 1809, das
sogenannte Judenedikt, gewährte zwar noch keine Gleichberechtigung mit der
christlichen Bevölkerung, brachte aber wesentliche Fortschritte und galt bei den

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