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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1978/0055
Juden in Hohenzollern

Aus dieser benachteiligten Lage ist die Bittschrift der Haigerlocher Juden an
den Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen vom Jahr 1829 zu verstehen. In
diesem Schreiben bat die Judenschaft nicht mehr nur um Abstellung einzelner
konkreter Mißstände, sondern forderte grundsätzlich ihre Emanzipation und
Gleichstellung mit den christlichen Untertanen unter Hinweis auf die Errungenschaften
in anderen Staaten. Aktueller Anlaß der Bittschrift war, daß der der
Judengemeinde in Haigerloch gewährte Schutzbrief auslief und damit die in ihm
fixierten Rechtsverhältnisse in absehbarer Zeit aufgelöst wurden. Nach bisheriger
Praxis hätten die Juden um Erneuerung des Schutzverhältnisses nachsuchen
müssen, das der Fürst entweder unter denselben Bedingungen wie zuvor oder unter
veränderten Bestimmungen hätte gewähren oder aber versagen können. Statt
dessen aber baten sie um umfassende Ordnung ihrer staatsbürgerlichen Rechte, um
Eingliederung in Staat und Gesellschaft. Sie beriefen sich auf die anderwärts anerkannte
Religionsfreiheit und Toleranz den jüdischen Menschen gegenüber. Sie
wiesen daraufhin, daß die rechtliche Diskriminierung einen Beitrag der Juden zum
Wohle des Staates und der Allgemeinheit verhindere. Dabei wiederholten sie sinngemäß
ein Argument des preußischen Generalfiskals (seit 1763) d'Asnieres, der
geäußert hatte, es sei merkwürdig, daß die Leute den Juden vorwerfen würden,
unnütz zu sein, wenn die gleichen Leute sie an der Nützlichkeit hinderten72.

Drei Punkte vor allem stellten die Haigerlocher Israeliten heraus, die einem
Aufstieg der Juden zu Staatsbürgern im Wege standen:

1. Verbot oder enge Beschränkung des Gütererwerbs, was zur Folge hatte, daß
Juden von der Landwirtschaft ausgeschlossen waren. - Während im Mittelalter
und in der frühen Neuzeit jüdischer Grundbesitz vor allem in den Städten nicht
ungewöhnlich war, verboten seit dem 16. Jahrhundert die Judenordnungen der
einzelnen Territorien den Erwerb von Grundbesitz immer mehr73. Die Sigmaringer
Regierung gestattete ihn auf dem Land nur durch jüdische Gläubiger
im Fall einer Versteigerung der verpfändeten Liegenschaften, behielt aber
gleichzeitig den Untertanen auf dem Land das ewige Auslösungsrecht vor74.

2. Verbot des Häusererwerbs. Dieses galt in erster Linie auf dem Land. In der
Stadt wurde es zwar immer wieder ausgesprochen, aber auch oft wieder gelockert
, so daß die Juden in der Praxis Häuser, jedoch nur zu eigenen Wohnzwecken
, besaßen.

3. Heiratsverbote. Wurde bei christlichen Untertanen die herrschaftliche Heiratsgenehmigung
von wirtschaftlichen Voraussetzungen abhängig gemacht, so
wurde sie den Juden im Regelfall verweigert, auch wenn sie die gleichen wirtschaftlichen
Voraussetzungen nachweisen konnten.

72 Monumenta Judaica, Handbuch, S. 283.

73 Ebenda, S. 219-220, S. 247 ff.

74 Hodler: Geschichte des Oberamts Haigerloch, S. 340-341.

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