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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1978/0060
Kuhn-Rehfus

Im Vollzug der Grundrechte hob die sigmaringische Landesregierung am
16. Mai 1849 alle Gesetze und Verordnungen auf, die eine Beschränkung der
bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte der israelitischen Glaubensgenossen im
Vergleich zu anderen Staatsbürgern enthielten78. Auch in Hohenzollern-Hechin-
gen wurde die Gleichstellung der Juden erst mit der Publikation der Grundrechte
und der Reichsverfassung - der in der Verfassung angesprochenen allgemeinverbindlichen
gesetzlichen Regelung - als Anhang zum eigenen Verordnungs- und
Anzeigeblatt von 1849 rechtskräftig. Beide Länder hoben, im Gegensatz zu den
meisten anderen deutschen Staaten, die Grundrechte und die Reichsverfassung bis
zum Übergang der hohenzollerischen Fürstentümer an den preußischen Staat 1850
nicht mehr auf, so daß auch die endgültige Judenemanzipation erhalten blieb.
Gleichwohl galten in Hohenzollern-Hechingen die Juden den bürgerlichen Gemeinden
gegenüber immer noch als Schutzverwandte. In Hohenzollern-Sigmarin-
gen waren die jüdischen Gemeindeverbände auf dem Gebiet des Schul- und Armenwesens
von der bürgerlichen Gemeinde getrennt79.

Nachdem Preußen 1850 die Souveränität über Hohenzollern-Hechingen und
Hohenzollern-Sigmaringen übernommen hatte, wurde hier die revidierte preußische
Verfassung vom 31. Januar 1850 verkündet. In ihr waren die 1848 in einer
Verordnung gewährten Grundrechte beibehalten worden, und danach war der
Genuß der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte unabhängig vom religiösen
Bekenntnis. Gleichzeitig aber hielt die Verfassung daran fest, daß die christliche
Religion im Staate grundlegend sei. Das hatte zur Folge, daß bis zum Ende des
Kaiserreichs und sogar noch in der Weimarer Republik in der Praxis Juden von
vielen Staatsämtern ausgeschlossen blieben80.

Auch das Gesetz des Norddeutschen Bundes von 1869 endlich, das 1871 als
Reichsgesetz proklamiert wurde, machte die politische und rechtliche Gleichheit
aller Bürger vom Religionsbekenntnis unabhängig, womit auch die Juden rechtlich
und politisch gleichgestellt wurden. Damit fand die Judenemanzipation ihren
formalen gesetzlichen Abschluß auf Reichsebene. Freilich bewirkte die gesetzliche
Gleichstellung noch nicht die volle menschliche und gesellschaftliche Anerkennung
und Integration. Die Formierung des politischen Antisemitismus in der zweiten
Hälfte des 19. Jahrhunderts zeigte dies mit aller Deutlichkeit. Er verwehrte die
von den Juden allgemein angestrebte Assimilation und rief als Reaktion den
politischen Zionismus hervor M.

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78 Verordnungs- und Anzeigeblatt für das Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen vom

20. Mai 1849, Nr. 20, S. 180.
" Staatsarchiv Sigmaringen, Ho 235 A, Präsidialabteilung I E 120, Verwaltungsreorganisa-

tionsplan vom 31. Mai 1851.

80 Monumenta Judaica, Handbuch, S. 305-306.

81 Ebenda, S. 315 ff., S. 327 ff., S. 336 ff.

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