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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1978/0086
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anspruchnahme des an sich armen Landes aufzubessern, um dem drohenden
Bankrott zu entgehen. Daß sie dabei neben der Steigerung der feudalen Lasten
und Abgaben auch kameralistische Methoden - also die Steigerung der Einkünfte
über Abgaben aus Handel, Gewerbe und Landwirtschaft - mehr oder weniger
erfolgreich einzusetzen trachtete, war weder in Deutschland noch im übrigen
Europa ungewöhnlich, noch führte dies notwendig zum casus belli zwischen Fürst
und Untertanen 12. Ihre besondere Schärfe erhielten die Konflikte jedoch durch die
beträchtlich forcierte Jagdleidenschaft vor allem der Fürsten Friedrich Wilhelm,
Friedrich Ludwig und Josef Wilhelm, die zusammenstieß mit dem Anspruch
mehrerer Gemeinden auf die freie Pirsch, also auf ein eigenes Jagdrecht18; daß
die Untertanen deshalb Gewehre führten, gab den Auseinandersetzungen etwas
Drohendes und ließ die Fürsten stets den Umschlag zu Gewaltsamkeiten fürchten,
die auch mit dem Gefecht der Grosselfinger gegen Truppen des schwäbischen
Kreises und des Fürsten 1733 beachtliche Dimensionen erreicht hatten".

Durch ihre Rückfälle in Gewalttaten verdarben sich die hohenzollerischen
Untertanen möglicherweise die Prozeßchancen beim Reichshofrat und Reichskammergericht
, zu denen sie immer wieder Deputierte entsandten. Die Vermeidung
von Gewalttätigkeiten war oberstes Gesetz im Heiligen Römischen Reich;
dadurch wurden die Auseinandersetzungen im besonderen Maße bestimmt. Der
Wiener Reichshofrat griff in Hechingen nur bei offenkundigen Zuspitzungen
ein; die eigentlich zuständige Instanz war das Reichskammergericht in Wetzlar15.
Dieses allerdings hatte durch widersprüchliche Urteile wenig zur Entschärfung
der Situation beigetragen. Für die Untertanen schien es deshalb ein ausgesprochenes
Glück, daß sie 1767 nach alter Tradition einige Deputierte nach Wien entsandten
. Diese drangen bis zu Kaiser Josef II. vor, der zunächst dem Kammergericht
die Sache zur dringenden Entscheidung auftrug 18. Da die große Visitation
des Gerichts vor der Tür stand, hatte das kaiserliche Begehren Erfolg. Das Urteil,
die sogenannte Finalsentenz von 1768, brachte jedoch eine vollständige prozessuale
Niederlage der Untertanen". Die freie Pirsch, ihr wichtigstes und
spektakulärstes Prozeßziel, wurde verworfen; in einem weiteren Urteil wurde
den Untertanen verboten, ohne Kenntnis der Herrschaft Versammlungen des
Landes oder der Gemeinde abzuhalten, sie hatten Fronden und Abgaben nach dem
Willen des Herrn zu leisten - der Fürst schien völlig Herr der Situation. Dies
drückte sich prompt in zunehmenden Wildschäden aus.

ls Dazu wäre noch eine Vielzahl von Studien nötig.

11J. Otto: Freyer Puersch Beschreibung, 1725. Cramer: Grafschaft, S. 257-275. /. A.
Kraus, Freibirsch und zollerischer Forst. In: Hohenzollerische Jahreshefte 5. 1938,
S. 1-56. R. Kiess: Zur Frage der Freien Pürsch. In: Zeitschrift für württembergische
Landesgeschichte 22. 1963, S. 57-90. Bergemann: Geschichte.

14 Cramer: Grafschaft, S. 357-384. Bergemann: Geschichte, S. 265 f. Dazu eindringlich
die Dokumente: HHStA Wien, Reichshof rat, Obere Registratur 395. StAS, Reichskammergericht
H 5163, Vol. 7 und 8.

15 Zum Problem der Kompetenzabgrenzung zwischen Reichskammergericht und Reichshofrat
: W. Seiler t: Uber die Zuständigkeitsabgrenzung von Reichshof rat und Reichskammergericht
(Untersuchungen zur deutschen Staats- und Rechtsgeschichte 4). 1965.

*! Zum Hintergrund: P. v. Mitrofanov: Joseph II., Bd. 2. 1910, S. 586-621.
17 Cramer: Grafschaft, S. 385 ff.

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