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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1978/0087
Hohenzollern-hechingischer Landesvergleich

Bemerkenswert aber war nun, daß die Entscheidung von den Untertanen
nicht hingenommen wurde. Nicht nur, daß die frühen 1770er Jahre in ganz
West- und Mitteleuropa durch eine schwere Erntekrise gekennzeichnet waren18,
die naturgemäß auch in Hohenzollern-Hechingen die Wildschäden als besonders
empörend erscheinen ließ - in einer Gesellschaft, deren Ärmste ohnehin am
Rande des Existenzminimums lebten, waren die fortschreitenden Exzesse in der
Förderung des Jagdwildes natürlich eine sichtliche Provokation. So nimmt es kein
Wunder, daß sich gerade in der Situation der frühen 1770er Jahre unter Anführung
des Grosselfinger Schneiders Bogenschütz und des Hechinger Gastwirts
Stehle die Unruhen fortsetzen19. Man hatte sich mit dem Finalurteil nicht abgefunden
. Die Untertanen hatten auch nach der Prozeßniederlage nach Möglichkeiten
gesucht, durch ihren Advokaten Göll die Auseinandersetzungen weiterzuführen
; tatsächlich gelang es ihnen, seit 1772 erneut den Prozeß am Reichskammergericht
in Wetzlar in Gang zu bringen **. Die Versammlungen in den Gemeinden
setzten sich trotz ihres Verbotes fort, ohne daß ihnen die Obrigkeit beizukommen
vermochte. Allerdings fanden die opponierenden Kräfte im Lande zunächst
keinen großen Rückhalt; Josef IL, an den man sich erneut wandte, hielt
die Hechinger offenbar nun doch für Querulanten und folgte den Vorträgen
seines wichtigsten Reichspolitikers jener Jahre, des Reichsvizekanzlers Colloredo,
der ihm geraten hatte, die Untertanen abzuweisen21. Damit aber schienen ihre
Bemühungen aussichtslos geworden zu sein, da ihnen nun jeder Rückhalt fehlte.
Dennoch war das Zwischenspiel von 1772 wichtig - es hatte sich gezeigt, daß das
Urteil gegen die Untertanen allein keine Lösung darstellte. Die bäuerlichen Untertanen
übten vielfach das Hausierergewerbe aus - dadurch hatten sie einen
weiteren Horizont als andere Standesgenossen, deren Gesichtskreis oft wenig
weiter als bis zur nächsten Amtsstadt reichte. Sie waren auch findig genug, sich
den Druckmitteln der Regierung zu entziehen. Vier Jahre nach dem Finalurteil
von 1768 war klar, daß die Untertanen von Hohenzollern-Hechingen nach allen
bisherigen Erfahrungen nicht bereit sein würden, sich mit dem Spruch der
Wetzlarer Richter abzufinden, und daß sie bei jeder weiteren Gelegenheit erneut
versuchen würden, doch noch zum Erfolg zu kommen. Immerhin schien sich am
Horizont eine Lösung abzuzeichnen, als der Fürst 1774 mit dem Dorf Burladingen
einen Vergleich über die anstehenden Probleme abschloß22. Aber die
Burladinger wurden über den Vergleich nicht glücklich, während sich das Land
zu beruhigen schien. Als 1780/82 unter abermaliger maßgeblicher Beteiligung des
Grosselfinger Schneiders Josef Bogenschütz die Auseinandersetzungen erneut
aufflammten, war noch nicht klar, ob es ein Nachhallen der alten Konflikte war
oder der Auftakt zu neuen - die Regierung konnte die Bewegung eindämmen 2S.

18 W. Abel: Massenarmut und Hungerkrisen im vorindustriellen Europa. Versuch einer
Synopse. 1974, S. 206-302.

19 StAS, Reichskammergericht H 5163, Vol. 12, 13. Cramer: Grafschaft, S. 392 ff.

20 StAS, Reichskammergericht H 5163, Vol. 12, 13. Ebenda Ho 1-46, C II 2 b, 122-124.

21 Dazu der Briefwechsel des Fürsten Josef Wilhelm mit dem Reichsvizekanzler Fürst
Colloredo. HHStA Wien, Kleinere Reichsstände 206. Vgl. Kallenberg: Fürstentümer,
S. 154 f.

22 StAS, Reichskammergericht H 25. Cramer: Grafschaft, S. 393 f.

23 StAS, Ho 1-46, C II 2 b, 137, 138, 139, 140, 141. Diese Phase der Unruhen endete 1784.

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