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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1978/0113
Hohenzollern-hechingischer Landesvergleich

zwei oder drei zusammen einen Deputierten bestimmten. Sie sollten jeweils jährlich
zusammentreten und mit ihrer Hilfe sollte die Herrschaft ihr Budget verabschieden
. Dabei hatte sie nicht nur Steuern, sondern auch Anleihen zu bewilligen
. Sie hatte überdies das Recht der Einsicht in die Steuerrechnungen und
konnte Gravamina vorbringen. Dies war der politische Kern des Landesvergleichs
: Die Untertanen hatten eine legale Vertretung bekommen, die ein Budget-
und ein Petitionsrecht hatte. Damit war die bislang illegale Landschaft legalisiert,
aber auch umgeformt worden in eine gemeinsame Vertretung mehrerer Gemeinden
. Dies führte dazu, daß aus der Steuerdeputation eine Landesvertretung
wurde, nicht nur eine Verfechterin bloßer Gemeindeinteressen.

Nun gab es allerdings schon vielfach Gebilde dieser Art im deutschen Südwesten
: die neuerdings von Peter Blickle wiederentdeckten Landschaften, die
vornehmlich mit den Landessteuern befaßt waren Auf den ersten Blick scheint
sich Hohenzollern-Hechingen diesem südwestdeutschen Usus angepaßt zu haben.
Die Lösung von 1798 bewegte sich somit durchaus im Rahmen des Reichsrechts.
1654 hatte der jüngste Reichsabschied Stände wie Untertanen zur Zahlung von
Steuern zur Landessicherung verpflichtet. Ein Versuch der Fürsten, dieser
Zweckbindung auszuweichen, scheiterte 1670 am Widerstand des Kaisers. Daraus
entstand die Praxis, sogenannte Landschafts- oder Landeskassen einzuführen, die
entweder unter Beteiligung der Untertanen oder ohne sie die speziell für diese
Aufgaben benötigten Landessteuern enthielten. So scheint die hohenzollerische
Lösung auf den ersten Blick eine ganz konventionelle zu sein. Aber sie hat doch
auch eine neue Qualität. Zweifellos steht der Landesvergleich neben ähnlichen
Verträgen (etwa in der Fürstabtei Kempten), die anstehende Probleme regelten.
Aber er geht doch weiter, ist systematischer angelegt, umfassender und gibt auch
den Untertanen mehr Rechte. Das späte Zustandekommen, als die große Bewegung
einer Restauration der korporativen Kräfte schon durch die französische
Revolution und ihre Gegenströmungen abgelöst wurde, hat den Vertrag geprägt.
Er ist moderner als andere Verträge des 18. Jahrhunderts, aber er hat zugleich
noch den Charakter einer altständischen Konfliktregelung. Von Verfassungspräambeln
, theoretischer Berufung auf Menschenrechte oder Freiheiten ist noch
keine Rede. Auch blieb die Kompetenz der Untertanen auf die Steuer- und Schuldenfragen
beschränkt. So steht der Landesvergleich von 1798 am Ausgang der
alteuropäischen Gesellschaft und weist andererseits ins beginnende 19. Jahrhundert
.

Damit ist der Kern dieses Vergleichs angesprochen. Er wurde jedoch flankiert
von Regelungen in den Gemeinden, die einmal die Stellung der Untertanen leicht
verstärkten, andererseits aber das durch den Prozeß der Bürokratisierung zum
Erliegen gekommene Gemeindeleben wieder aktivierten. Die Wahl der Vögte

75 Zum Problem der Landschaften im deutschen Südwesten: P. Blickle: Landschaften im
alten Reich. Die staatlichen Funktionen des gemeinen Mannes in Oberdeutschland.
1973. V. Press: Herrschaft, Landschaft und „Gemeiner Mann" in Oberdeutschland vom
15. bis zum frühen 19. Jahrhundert. In: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins
123. 1975, S. 169-214. Zu diesem Problemkreis für die hohenzollerischen Gebiete:
Kallenberg: Fürstentümer, S. 148-152, 324-333. G. Richter: Verfassungsnormen in
Stadt und Herrschaft Haigerloch 1410-1724. In: Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
13. 1977, S. 129-140. Demnächst: Press: Von den Bauernrevolten.

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