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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1979/0022
Kallenberg

Vorwurf aussetzen, daß die rechtzeitige Benutzung gegebener und niemals wiederkehrender
Momente versäumt, daß... Neugestaltungen im europäischen Staatsleben von der
Hand gewiesen wurden, an deren Aufbau ein Glied des Hauses hätte participieren
können, und daß dadurch diejenige historische hohe Rangstellung verscherzt wurde,
welche einem Hohenzollem in höherem Maße, als jedem Andern, zuzukommen habe3*.
Der von Karl Anton in den entscheidenden Julitagen 1870 ausgesprochene Verzicht auf
die Kandidatur seines Sohnes hat den Ausbruch des deutsch-französischen Krieges nicht
verhindert, er hatte aber indirekt zur Folge, daß der von ihm ersehnte deutsche
Nationalstaat unter preußischer Führung Wirklichkeit wurde. Durch die neuen Verhältnisse
mit dem Schauplatz seiner tiefsten Enttäuschungen versöhnt, nahm Karl Anton
1871 wieder seinen dauernden Wohnsitz in Sigmaringen.

Bei der Einverleibung der beiden Fürstentümer in den preußischen Staat war
nach dem Willen der hohenzollerischen Bevölkerung nicht gefragt worden. Die Sigmaringer
Verfassung von 1833 hatte zwar ausdrücklich die Zustimmung der Landstände zu
Gebietsabtretungen gefordert, aber das königliche Besitznahmepatent ging darüber
hinweg; es erklärte die preußische Staatsverfassung für eingeführt, wobei gleichzeitig die
bisherige Vertretung des Landes ihre Endschaft erreicht15. Gegen dieses Vorgehen
wurden zwar in der Kommission der preußischen Zweiten Kammer Bedenken erhoben
36, aber in Hohenzollem wurde kein öffentlicher Widerspruch laut, zumal sich davon
bei der Besetzung des Landes durch preußische Truppen ohnehin wenig zu versprechen
war. In dem gleichzeitig mit dem Besitznahmepatent verkündeten Zuruf des Königs an
die Bewohner der Hohenzollemschen Lande bei der Übernahme derselben kam klar zum
Ausdruck, daß an die Stelle der erhofften bürgerlichen Emanzipation wieder der
vorrevolutionäre Untertanstatus getreten war. Ich aber vertraue, hieß es am Schluß des
Zurufs37, daß Ihr eingedenk des Unsegens, der nach den Erfahrungen der letzten fahre
an der Untreue haftet, Mir treue Unterthanen sein und Euch des preußischen Namens
würdig zeigen werdet. Auch ein Jahr später, als der König persönlich in feierlichem Akt
auf der Burg Hohenzollern den Erbhuldigungseid von Deputierten des Landes entgegennahm
, versäumte er es nicht, ihnen ihre Undankbarkeit gegen ihre angestammten
Fürsten vorzuhalten38. Die Stimmung im Lande kommt wohl am besten in der häufig

und Aktenstücke aus dem Fürstl. Hohenz. Hausarchiv S. 351-412; vgl. dazu den guten
Überblick von Bastiaan Schot, Die Geschichte der hohenzollerischen Thronkandidatur im
Lichte neuer Veröffentlichungen. HJ23, 1963, S. 173-205, überarbeitet und ergänzt unter dem
Titel: Die Entstehung des Deutsch-Französischen Krieges und die Gründung des Deutschen
Reiches, in: Probleme der Reichsgründungszeit 1848-1879, herausgeg. v. Helmut Böhme
(Neue Wissenschaftliche Bibliothek 26) Köln/Berlin 1968, S. 269-295; Fritz Kallenberg, Die
Vorgeschichte des Krieges von 1870/71. In: Die Reichsgründung von 1871 im Urteil der
Gegenwart, Mainz (1971), S. 45-60.

34 Promemoria Karl Antons v. 28.2. 1870, Text bei Dittrich (wie Anm. 33), S. 360 f.

35 Zitiert bei Salltürk (wie Anm. 22), S. 30.

36 Zur Behandlung des Vertrages in der 1. u. 2. Kammer vgl. Geh. StA Berlin, HA I, Repositur 90,
Nr. 292: »Die Erwerbung der Hohenz. Lande und deren Vereinigung mit der Preußischen
Monarchie. Bd. I, 1848-1932«.

37 Abgedruckt in Reinhold Johow, Preussisch-Hohenzollernsches Handbüchlein für Jedermann
. Sigm. 1858, S. 225.

38 Ebenda S. 226. Vgl. dazu auch Irene Wiedel-Senn, Zu Paul Bürdes Darstellung der
Erbhuldigung auf Burg Hohenzollern am 23. August 1851. HJ11, 1951, S. 3-9 und Erbhuldigung
der Hohenzollemschen Lande im Jahre 1851. HH 1, 1951, S. 52 ff.

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