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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1979/0195
Besprechungen

325-345); die Chronik des Cosmas von Prag und ihre Stellungnahme zu Herzog, Bischof und Kaiser
(Peter Hilsch S. 356-372); die Geschichtswerke Gottfrieds von Viterbo im Rahmen eines bewegten
Lebens, das um Ausgleich zwischen Staufern und Päpsten bemüht war (Gerhard Baaken S.
373-396); die Vita des Irenaposteis Patrick, die der englische Zisterzienser Jocelin von Furness mit
anglonormannischer Zielsetzung schrieb (Ludwig Bieler S. 410-415); die historisch-politischen
Urteile in der Dänengeschichte des Saxo Grammaticus, vor allem die positiven zur dänischen
Nation und die negativen zum deutschen Kaisertum (Johannes Fechter S. 416-426); das teils
schmeichelnde, teils gehässige Gedicht des Magisters Terrisius von Atina auf Kaiser Friedrich II.
und seine Höflinge (Hans Martin Schaller S. 503-518). Zwei Beiträge widmen sich der neuzeitlichen
Wirkungsgeschichte des Mittelalters: Harald "Wunder beschreibt S. 626-649, wie Handschriften
von nichthistorischen Werken aus dem Stift Fritzlar seit 1724 in den Besitz des Kurfürsten Lothar
Franz von Schönborn und nach Pommersfelden kamen; Harald Zimmermann bespricht S.
650-669, wie der Helmstedter Professor Polykarp Leyser 1718 das angeblich barbarische Mittelalter
in Schutz nahm. Was hier getrennt ist, nehmen die anderen Beiträge zusammen: Sie spannen den
Bogen von der Sichtung der handschriftlichen Texte bis zur Deutung der ideengeschichtlichen
Systeme, von den dargestellten Epochen bis zur Zeit der Darstellenden.

Als Beispiel für Vorgehen und Ergebnis solcher Untersuchungen sei der Aufsatz von Immo
Eberl S. 468—489 herausgegriffen, der die längst gedruckte Chronik des Prämonstratenserstiftes
Obermarchtal neu durchleuchtet. Die ersten zwei Teile der Chronik, von 1171 bis 1229 reichend,
galten in der Forschung als getrennte, zu verschiedenen Zeiten geschriebene Werke. Eberl findet
heraus, daß sie 1229 in einem Zug verfaßt wurden, von dem Propst Walther von Schmalstetten, der
dabei ältere Aufzeichnungen und mündliche Erinnerungen benutzte. Die quellenkundlichen
Einsichten werden für die Regionalgeschichte im ganzen ausgewertet, indem Eberl nach Gründen
und Umständen der Abfassung fragt. Die Chronik unterstützte einerseits den politischen Abwehrkampf
des Stiftes gegen benachbarte Adlige, besonders die Tübinger Pfalzgrafen, der sich bis 1231
hinzog; andererseits wollte der neugewählte Propst durch ausgewogene Charakterstudien seiner
Amtsvorgänger endlich die inneren Streitigkeiten schlichten, die den Konvent seit 1204 zerrütteten.
Dabei ergeben sich geistesgeschichtliche Seitenblicke auf die Geschichtsschreibung des Prämonstra-
tensereordens insgesamt; ich vermisse aber die Einbeziehung der landesgeschichtlichen Thesen über
Klostergründung und Klosterchronik, die Hans Patze 1977 vortrug. Wie bei den meisten Beiträgen
dieser Gruppe steht die Besonderheit eines Geschichtsschreibers und seiner geschichtlichen
Umstände im Blickpunkt.

Eine andere Gruppe von Beiträgen befaßt sich mit dem Königtum und vor allem mit dem
Kaisertum, das Löwe als den wichtigsten Partner der mittelalterlichen Historiographie, als ihren
Auftraggeber und als ihren Gegenstand, gewürdigt hat. Vorgeführt werden: die Königserhebung
Theoderichs des Großen und die Wandlungen seiner Herrschaft, u. a. in der Spiegelung durch
Jordanes (Dietrich Claude S. 1-13); die große Zahl von Kapellanen, insbesondere am Königshof,
unter den Geschichtsschreibern, vor allem unter denen, die ihre Gegenwart darstellten (Siegfried
Haider S. 102-138); die Kritik an der Thronkandidatur Ekkehards von Meißen bei Thietmar von
Merseburg (Eduard Hlawitschka S. 281-311); Jugend und Familie Kaiser Konrads II. nach den
Notizen der Vita Burchards von Worms (TUmann Schmidt S. 312-324); die von Rahewin skizzierte
Rolle der Präfektur bei Verhandlungen zwischen Barbarossas Gesandten und den Stadtrömern
(Jürgen Petersohn S. 397-409); das Imperium und Frankreich im einseitigen Urteil Dantes (Karl
Ferdinand "Werner S. 546-564); die keineswegs nebensächliche Kaiseridee des Habsburgers
Friedrich III., u.a. anhand der »Reformatio Sigismunde (Heinrich Koller S. 585-599). In die
Neuzeit führt Fritz Trautz S. 600-625; er verhört die Historiker vom 16. bis 20. Jahrhundert, was
sie zur Geltungsdauer des Wormser Konkordats von 1122 zu sagen wußten, und fällt dann sein
Urteil auch zur Sache. Diese Beiträge achten vornehmlich auf die Legitimation politischen
Handelns, die von mittelalterlichen Herrschern gern in der Geschichte gesucht wurde.

Wie aufschlußreich dieser Gesichtspunkt für die künftige Forschung sein kann, möge das
Beispiel von Otto H. Becker S. 490-502 demonstrieren. Mehrere Chronisten bezeugen eine
auffällige Vorliebe für die grüne Farbe bei den späten Staufern, besonders den in Italien wirkenden,
aber keine Quelle verrät die Gründe dieser Neigung. Die Forschung machte es sich zu leicht mit der

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