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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1980/0090
Wagner

Gemeinden sich um die Einrichtung einer festen Schule bemühten, oder, wo dies nicht zu
realisieren war, sie jeden Winter aufs Neue einen Schulmeister zur Unterweisung der
Jugendlichen einstellten10. In den meisten dieser Gemeinden führte dieses zuerst noch
»sporadische« Schulehalten mit der Zeit zu einer festen Institutionalisierung des
Unterrichts, d. h. es wurde im Gegensatz zur jährlichen Neueinstellung eines Lehrers
jetzt ein fester Schulmeister engagiert, so daß im Jahr 1680 im Kreis Balingen nur noch
zwei der kleinsten evangelischen Dörfer keine Schule besaßen. Die Schuldichte hatte ein
Optimum erreicht.

Resümierend findet sich somit die These von der Reformation als »Bildungsbewegung
«11, als entscheidender Antriebskraft zur Etablierung eines allgemeinen Schulwesens
, bestätigt, wie ein vergleichender Blick auf die katholischen Teile des Kreises zeigt:
Erst am Ende des 18. Jahrhunderts hat das Volksschulwesen im katholischen Teil des
Kreises eine ähnliche Dichte erreicht wie das evangelische Volksschulwesen zu Beginn
des Dreißigjährigen Krieges.

Als ausschlaggebender Grund dafür darf die durch die Reformation bedingte
veränderte Stellung der Kirche zu ihren Gläubigen angesehen werden, die das Lesenkönnen
jedes einzelnen als Schlüssel zur Quelle des Heils nötig machte12.

II. ZUR PERSON DES LEHRERS IN DER FRÜHEN NEUZEIT

II.l. Die Einsetzung des Lehrers: Voraussetzungen, Verfahren, Praxis

Die Schule war im 16. und 17. Jahrhundert bei weitem noch keine so komplexe
Einrichtung, wie heute. Wenn damals die Bewohner eines Dorfes verlangten, daß eine
Schule eingerichtet werden solle, meinten sie damit, sie weiten gern ein Schulmeister
haben13. War ein Lehrer am Ort, konnte von Schule gesprochen werden. Der Lehrer
verkörperte die Schule schlechthin. Lehrer werden, d.h. Schule halten, konnte im
Grunde jede männliche Person eines bestimmten Alters14, wenn sie vorher eine Prüfung
bey der Canzley in Stuttgart abgelegt, sich examinieren und confermieren15 lassen hatte.

Für diese Prüfung galten genaue Richtlinien. Die verordneten Kirchenräthe der
fürstlichen Kanzlei sollten den jeweiligen Bewerber prüfen, ob er selbiger Schul fürsteen

10 Meist wurde in einem solchen Fall einem Dorfbewohner, der die entsprechenden Fähigkeiten
mitbrachte, die Aufgabe für die Winterszeit übertragen. So z. B. in Burgfelden, wo es 1667 im
Synodusprotokoll heißt: Disorts hat ein Bürger mit siben Kindern Schul gehalten, und sie fein
unterrichtet (LKA, A 1, 1667).

11 Vgl. Bernd Moeller, Deutschland im Zeitalter der Reformation. 1977. (Reihe: Deutsche
Geschichte, hg. J. Leuschner, Band 4), S. 121 und Hermann Aubin/Wolfgang Zorn (Hg.),
Handbuch der deutschen Wirtschafts- und Sozialgeschichte. 1971, S. 469.

12 Vor der Reformation war die Kirche Heilsanstalt, die die Gnade Gottes, die durch Christus
gegeben ist, sakramental verwaltete. Luther lehnte dagegen alle kirchliche Vermittlung zwischen
dem einzelnen und der in Christus und Gottes Wort gegebene Gnade ab. Die Lektüre der Bibel
erhielt dadurch eine besondere Bedeutung.

13 LKA, A 1, 1586 I.

14 Die jüngsten Lehrer waren ca. 20 Jahre alt.

15 LKA, Des Herzogthums Wirtemberg erneuerte Ehe- und Ehegerichtsordnung samt Cynosura
Ecclesiastica (Cynosura Ecclesiastica) von 1687, S. 410.

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