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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1980/0101
Evang. Dorfschulwesen im Kreis Balingen

die Schule besuchen konnte, und, wenn ja, wie lange, d. h. wieviele Monate im Jahr bzw.
wie regelmäßig.

Der Schulbesuch war also einmal davon abhängig, ob die Eltern in der Lage waren,
das Schulgeld für ihre Kinder zu bezahlen und zum anderen, ob die Familien die
Arbeitskraft der Kinder entbehren konnten, denn »die bäuerliche Arbeit wurde von der
Familie kooperativ geleistet« 104. Die Kinder waren in selbstverständlicher Weise am
Arbeitsprozeß beteiligt1C5.

Da hörte man dann Lehrer klagen, daß sie nit vil schuler, dan die Eltern arm
Vermögen, das Schulgelt zu erlangen™. In Oberdigisheim beklagte sich der Schulmeister
1621, daß er vergangenen Winter nur 12 Schueler ghabt, ungeachtet deren Kinder, so
zur Schuol taugenlich, über 50 im flecken gefunden107.

Die Lehrer wiesen in solchen Fällen oft auf die Möglichkeit hin, daß arme Leute sich
das Schulgeld für ihre Kinder vom Heiligen Kasten, also der örtlichen Armenkasse,
bezahlen lassen könnten. So in Brittheim 1679: Der Schulmeister beklagt sich aber, das
man so wenig Kinder in die Schul schicke. Die Gemeind hat sich mit der Armut
entschuldigt. Es ist aber die Verordnung gthon worden, das die Arme um das Schulgelt
bey dem Heyligen sich anmelden sollen108.

In der Regel scheint auch, zumindest verstärkt gegen Ende des 17. Jahrhunderts, von
dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht worden zu sein, wie die doch hohen Schülerzahlen
belegen, was aber noch nichts über die Länge bzw. Regelmäßigkeit des Schulbesuchs
aussagt. Denn wenn die Kinder zu Hause zum gschefft gebraucht wurden, ließ man die
Schule eben ausfallen.

Dies trat vor allem im Frühling deutlich zu Tage. Itzo gegen den frühling nimpt sie
(die Schule - Chr. W.) von Tag zu Tag ab, werden die Kinder zum gschefft undanderem
braucht'09, heißt es lapidar im Synodusprotokoll. In Rosenfeld wurden sogar genaue
Angaben gemacht. Hat durch den Winter 37 Knaben und 14 Töcherlein instituiert, jetz
(5. April-Chr. W.) nur noch 8 Schüler... Sommerszeiten werden die Kinder zum gschefft
braucht110.

Das dringende Benötigtwerden der Arbeitskraft der Kinder im Sommer, der landwirtschaftlichen
Hauptsaisonzeit, dürfte auch der wesentlichste Widerstandsfaktor
gegen die Einführung der Sommerschule gewesen sein. So hieß es in Rosenfeld 1676:
Sommerschul ist nicht gehalten, weil sich die Bürger, wegen Ihres Feldbaus, wider alle des
pfarrers bemühungen undwider dem absonderlichen frl. Befehlvon anno 1666 dazu nicht
verstehen willen.111.

II 1.2. Zucht und Exzesse

Bedenkt man das Ausmaß an Kinderarbeit, müßte man eigentlich zu der Annahme
kommen, die Kinder wären gerne in die Schule gegangen, um der doch oft recht

10< Albert Ilien/Utz Jeggle, Leben auf dem Dorf. Zur Sozialgeschichte des Dorfes und
Sozialpsychologie seiner Bewohner. 1978. S. 54.

105 Vgl. Philippe Aries, Geschichte der Kindheit. 1978. (2. Auflage).

106 LKA, A 1, 1588 I.

107 LKA, A 1, 1621.

108 LKA, A 1, 1679.

109 HStASt, A 281, Bü 47.

1.0 HStASt, A 281, Bü 49.

1.1 LKA, A 1, 1676.

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