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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1980/0138
Werner

begann wieder Schubert. , Also, Silcher, paß auf. Alles auf da Welt muaß sein Ausgleich
habm. Wannst an Rausch host, na muaßt ausschlofn könna. Da Rausch ... das is die
Nürnberger Sängerwochn; und's Ausschlofn ... dös san die Liedersammlungen. Die
Nürnberger Sängerwochn soll dem Liedertafelstil ein Ende machn ... in den Liedersammlungen
is er wieder drin.'" ... ,, .Kommt so ein frisch lackierter Komponist voller
Hochmut von Nürnberg heim, nacha meint er, jetzt kann's nimmer fehin. Was??? Kann
er nöt hundert Jahr warten? Aber da habm wir zum Glück die vernünftige Einrichtung
unserer Liedersammlungen. Die Lieder, die darin stehn, die müssen nämlich gesungen
werdn. Dö habm Zwangskurs. Geh du amal dös Jahr zum Sängerfest nach Ulm und lern
deine Lieder nöt ... ich man natürlich die aus der schwäbischen Liedersammlung ...
nacha wirst du scho sehgn, wias dir geht. Nacha derfst gar nöt mitsingen. Du muaßt die
Lieder für guat kaufn und wanns dir zehnmal nöt gfalln.

Wann dir ein Nürnberger Lied nöt gfallt, nacha kannst as Kaufn bleibm lassn, bei
dene Liedersammlungen wirst gar nöt gfragt.'"

Schmalzbach wirft ein:,, .Aber warum schafft man die Liedersammlungen nicht ab.'
... Jeder Verleger schickt einem doch auf Wunsch so viele Chöre zur Auswahl, als man
nur will. Da kann sich doch jeder aussuchen, was für seinen Verein paßt und muß sich
seinen Geschmack nicht von einem Musikausschuß vorschreiben lassen!'" - Darauf
erwidert Schubert: ,, Jessas, san Sö aber dumm, , ... entschuldigns den grobn
Ausdruck, aber i mans wirkli so. Zu was is denn ein Musikausschuß do? Er is do, also
muaß man a mirkn, daß er do is. Zu was braucht denn a Musikausschuß a Konkurrenz für
seine Lieder? Dös versteht er selber am besten. Oder habm Sö schon amol glesn, daß die
Lieder aus den deutschen Liedersammlungen kritisiert werdn? I nöt. Und wenn sich die
deutschen Sänger einen solchanen Kitsch, die deutschen Komponisten und Verleger a
solchane Konkurrenz gfalln lassn, nacha is ja alles in schönster Ordnung.'"

Zum Schluß wendet sich Silcher an Schmalzbach:,, .Richten Sie einen schönen Gruß
an den Deutschen Sängerbund. Sagen Sie ihm: Wenn der Deutsche Sängerbund wissen
will, wo er künstlerisch steht, dann soll er in die Liedersammlungen hineinsehen. Da hat
er das wohlgetroffene Konterfei der Hälfte seiner Vereine. Ist es dem Deutschen
Sängerbund aber Ernst mit der Nürnberger Sängerwoche, dann muß er mit den
Liedersammlungen Schluß machen. Beides verträgt sich nicht.'" - Schmalzbach erwacht
in seinem Lehnstuhl und stellt die Frage: „Konnte ich das nur geträumt haben?"

Diese Satire ist ein Glanzstück ersten Ranges, sowohl was die Rahmenhandlung und
den Aufbau in zwei Ebenen, die Stoßrichtung, als auch die gekonnte Durchführung mit
einem Schuß Selbstironie betrifft.

In einem Beitrag in ,Die Tonkunst' geht der Verfasser auch auf Schmalzbachs
musikwissenschaftliche Arbeiten ein: ,, ... Schmalzbach [hat sich] mit in die vorderste
Reihe derer gestellt, die sich für das Neue Volkslied einsetzen. Wir leben ja heute in
einer Zeit, wo man das Volkslied künstlich neu aufleben lassen will und das Heer der
Bearbeiter, die aus alten Weisen neue machen wollen, ist schon recht groß. Ob diese
Bearbeitungen nun immer mit Erfolg geschehen, darüber hören wir Schmalzbach in
seinen Aufsätzen ausführlich sprechen. Und seine Gedanken über Polyphonie und
Homophonie in bezug auf das Volkslied wie auch über deren Verwendung im
allgemeinen haben ein weithallendes Echo für und wider hervorgerufen. Eines steht
jedenfalls fest, daß er grundlegende Erkenntnisse gefunden hat, und daß seine Gedanken
auch bei seinen Gegnern ernstes Nachdenken erzwingen. Keine Geringeren jedoch wie
Ludwig Baumann in Karlsruhe, Hans Wagner-Schönkirch in Wien und Gustav Wohlge-
muth in Leipzig unterstreichen Schmalzbachs Folgerungen nachdrücklich. ... Es soll

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