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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1980/0141
Leon Schmalzbach

Das liebevollste Gedächtnis finden die Toten des Weltkrieges im Herzen ihrer
Angehörigen. Dazu bedarf es keiner Volkstrauertage; aber wenn wir unsere Gefallenen
ehren wollen, dann müssen wir für die sorgen, denen ihr Opfertod Not und Elend
geschaffen. Mit dem bloßen Schaugepränge eines solchen Tages ist es nicht getan. Die
Parade derjenigen, die das Glück hatten, den Krieg lebend zu überstehen, schafft den
Hungernden kein Brot und kann bei manchem nur bittere Gedanken erwecken, wenn
diesem äußeren Gepränge keine Taten der Menschenliebe folgen. Die Herzen für die Not
des Nächsten empfänglich zu machen, das muß der Sinn dieses Tages sein. Mehr wie
anderswo gilt hier der Spruch: An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.

Gebt den Hinterbliebenen Arbeit und Brot; steht ihnen bei, wenn sie in Not geraten,
dann ehrt-ihr das Andenken unserer Toten! Sorgt, daß dieser Gedanke Allgemeingut
werde in deutschen Landen, dann wird dieser Volkstrauertag einen Nachhall finden in
den Herzen, dann ist der Gottesdienst, den wir unseren Toten weihen, keine leere
Form!"84

Einen tiefen Eindruck hinterließ die Ansprache, die Schmalzbach als Vertreter der
israelitischen Gemeinde zur Einweihung der Hechinger Kriegergedächtnisstätte am 29.
Oktober 1932 hielt.

„Deutsche Männer und Frauen! Kriegskameraden und Angehörige der Gefallenen
und Vermißten!

Das Denkmal, zu dessen Einweihung wir versammelt sind, steht auf besonderem
Boden. Hier wurden einst die Abgeschiedenen der katholischen Gemeinde zur ewigen
Ruhe gebettet. Und nun trägt dieselbe Erde das Ehrenmal, das errichtet ward zur
dauernden Erinnerung an die 194 Mitbürger, die im Weltkrieg ihr Leben zum Opfer
gebracht haben.

Vom ersten Spatenstich bis zur Vollendung habe ich die Schöpfung dieser Anlage mit
angesehen. Und je vollkommener sie sich gestaltete, desto mehr empfand ich den tiefen
Frieden, der sich auf diese Stätte senkte. Hier die ehrwürdige Stiftskirche, hochgebaut,
ein Sinnbild des religiösen Geistes, der zu Gott strebt; dort die ragenden Berge mit ihren
grünen Matten und farbigen Wäldern, ein Sinnbild der wirkenden Schöpferkraft in der
Natur; zu beiden Seiten freundliche Bürgerhäuser, zeitliche Wohnungen der Geschlechter
, die da kommen und gehen. Und es drängt sich mir die Erinnerung auf an eine
Erzählung in der biblischen Geschichte.

Es ist die Erzählung von dem Traumgesichte unseres Erzvaters Jakob. Auf seiner
Flucht vor Esau muß er auf freiem Felde übernachten. Und im Traume sieht er die
Himmelsleiter mit den Engeln und empfängt den göttlichen Segen. Voll Ergriffenheit
spricht Jakob beim Erwachen die Worte: ,Wie ehrfurchtbar ist doch dieser Ort;
wahrlich, diese Stätte gleicht einem Gotteshause!'

,Wie ehrfurchtbar ist doch dieser Ort; wahrlich, diese Stätte gleicht einem Gotteshause
!' Diese Worte des Erzvaters Jakob spende ich als Segen dieser geweihten Stätte,
daß ihre Kraft fortwirken und sich erfüllen möge im Gedenken an die Kriegsopfer dieser
Gemeinde und an allen, welche reinen Herzens diese Stätte aufsuchen.

Schaut hin auf die Namen auf den zwei steinernen Gedenktafeln! Es sind darauf
verzeichnet die Kriegsopfer der drei Gottesgemeinden. Im Kleinen sind diese Tafeln ein
getreues Abbild der Volksverbundenheit, die ihr Höchstes, das Leben, hingab, als das
Vaterland in Not war. Und wie hier so überall im großen Vaterlande! Alle diese Tafeln in

84 HB1 vom 1. März 1926.

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