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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1980/0161
Leon Schmalzbach

abgeschlossen und versiegelt, 1 Bühnenzimmer versiegelt.143 Infolge der 11. Verordnung
zum Reichsbürgergesetz vom 25. November 1941 sprach man allen Juden, die künftig
ihren Wohnsitz im Ausland (auch bei Deportation) hatten, die deutsche Staatsbürgerschaft
ab (§ 2). Das Vermögen verfiel mit dem Verlust der Staatsangehörigkeit dem Reich
(§3).144 '

Ein Schreiben der Geheimen Staatspolizei / Staatspolizeileitstelle Stuttgart an den
Regierungspräsidenten in Sigmaringen vom 28. Februar 1942 betr. jüdische Lehrer a. D.
lautet: Die Juden Spier (Haigerloch) und Schmalzbach wurden am 1. 12. 1941 nach dem
Reichskommissariat Ostland (Riga) evakuiert. Eine Fortzahlung ihrer Dienstbezüge
kommt somit auf Grund der 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 25. 11. 1941
nicht mehr in Frage.145

14. Das Lager Jungfernhof bei Riga

In Schmalzbachs Aufsatz ,Musikalische Phantasie' aus dem Jahre 1929 steht eine
Passage, die - dort in ganz anderem Zusammenhang - nunmehr eine ganz neue
Bedeutung für ihn gewinnen sollte. Sie heißt: ,,,Wo bin ich?' stammelte ich. Wir standen
vor einem gewaltigen Tore mit der Überschrift: Eingang zur Hölle! Eine schreckliche
Angst überfiel mich."

„Am 1. Dezember 1941 verließ der Deportationszug Stuttgart in Richtung Riga. ...
Nach mehrtägiger Fahrt kamen die Deportierten am 4. Dezember auf dem Bahnhof
Skirotawa in Riga an. Sie wurden dort von SS-Leuten in Empfang genommen, eines Teils
ihres Gepäcks beraubt und auch geschlagen. Die Mehrzahl der Zwangsverschleppten
kam in das 2-3 km entfernte Lager Jungfernhof, ... Jungfernhof war ursprünglich ein
landwirtschaftliches Gut von ca. 200 ha gewesen, ... . Die Baulichkeiten, die in sehr
schlechtem Zustand waren, bestanden aus fünf kleinen Häusern, mehreren Scheunen
und Stallungen. Die Württemberger fanden in Jungfernhof bereits eine größere Zahl von
Deportierten aus Deutschland vor. Die Neuankömmlinge wurden auf die schadhaften
Scheunen und Ställe verteilt. Die Männer erhielten ihre Unterkunft in einer großen
Wellblechscheune, die etwa 100 m lang und 15 m breit war. Da vom Dach nur Reste
vorhanden waren und sich die Tore nicht schließen ließen, lagen die Deportierten
praktisch unter freiem Himmel. Schnee, Regen und Wind hatten fast ungehinderten
Zugang. In der Scheune befand sich nichts als Holzgestelle mit Schlafkojen durchschnittlich
acht Etagen übereinander. Die Temperatur in dieser Todesbaracke sank während des
strengen Winters 1941/42 beinahe ebenso stark wie im Freien ab. Überlebende berichten,
daß in der Scheune mitunter eine Kälte von 30 - 40° C geherrscht habe. Viele erfroren
während der Nächte. Ein besonderes Arbeitskommando mußte tagtäglich die steifgefrorenen
Toten aus den 70 cm hohen Kojen herausziehen und abseits der Scheune
aufstapeln. Die SS-Wachmannschaften leisteten sich viele Übergriffe. Wegen der

Protokoll des Bürgermeisteramts Hechingen vom 27. November 1941. - Lagerort: Landratsamt
Hechingen/Restitutionskammer bei dem Landgericht Hechingen. Zitiert nach Paul Sauer,
Dokumente (wie Anm. 137), Bd. 2, Dok. Nr. 479b), S. 302f.

Die persönliche Habe und die Möbel wurden später vom Finanzamt im Hof der Brauerei St.
Luzen in Hechingen versteigert.

Lagerort: StAS Ho 235 I-XI Nr. 1423 Bd. I - Zitiert nach Paul Sauer, Dokumente (wie Anm.
137), Bd. 1, Dok. Nr. llld), S. 131.

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