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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1980/0206
Neues Schrifttum

bald darauf eine zweite Auflage besorgt. Nun liegt die dritte vor, äußerst preiswert für DM 40,-.
Aufgelockert ist dieses Standardwerk über das volkstümliche Leben in unserem Land vor 1900 mit
Abbildungen aus der Bilderfolge »Ländliche Gebräuche in Württemberg« und in dankenswerter
Weise ergänzt durch die historischen Karten aller Oberamtsbezirke, auf die sich die Ortsangaben
beziehen.

Pfullingen Martin Blümcke

Otto Borst: Die heimlichen Rebellen. Schwabenköpfe aus fünf Jahrhunderten. Stuttgart: Theiss
1980. 425 S.

Otto Borst hat im Tübinger Stift mit Theologie begonnen, dann in Germanistik promoviert und
sich schließlich der Geschichte zugewandt. U. a. sind dies die Voraussetzungen, die ihn befähigten,
Porträts von Persönlichkeiten vorzulegen, die Dichter, Schriftsteller, Theologen, Pfarrer, Philosophen
, Historiker, Politiker, Ökonomen oder ein Vielfaches davon waren. Der gemeinsame Zug,
sie waren rebellische Geister, freilich nicht so »vrdruckt«, wie dies der werbewirksame Titel als
offensichtlich typisch schwäbisch zu suggerieren scheint, sondern durchaus vernehmbar und nicht
ohne Gefahr für sich selbst. Auffällig zunächst, daß ein guter Teil durch Württembergs berühmte
Schulen ging, die Seminare in Maulbronn oder Blaubeuren und insbesondere das Stift, Bildungsstätten
, die dann freilich vielfach auch zu Anlaß und Auslöser des Rebellen-tums wurden, im weiteren
aber auch die räumliche, politische, geistige und religiöse Enge des eigenen Landes. Hervorzuheben
ferner, daß sich Borst nicht mit denen begnügte, die bei uns die Regel sind, also die Hegel und
Schiller, sondern auch weniger Bekannte neu in Erinnerung brachte, etwa den sozial engagierten
Pfarrer Christoph Blumhardt, der zum Entsetzen seiner Amtsbrüder schon früh Sozialdemokrat
wurde. Andere Bilder wie das von Hermann Kurz sind zurechtgerückt. Gegangen ist es Borst stets
um den rebellischen Standort der Porträtierten in ihrer Zeit, Lebensdaten und das schriftliche Werk
des einzelnen wurden dabei zu Erkenntnishilfen oder gar bloßer Demonstration. Folgerichtig sind
sie zusammen mit Nachweisen über Nachlässe und Literatur ans Ende des Bandes gerückt. Hier
dann manche Unebenheit und manche Lücke. Dem Leser freilich fordert diese Art Biografik - mehr
Reflexion als Lebenschronologie - einiges Hintergrundwissen ab. Was nun die Auswahl der
Porträtierten anbelangt, ist sie naturgemäß des Autors eigene Sache. Nur, wenn schon Rebellen,
dürfte für das 19. Jahrhundert der Demokrat Ludwig Pfau mehr gebracht haben als die Vischer und
Rümelin, die um 1870 ganz schön angepaßt waren, es sei denn, Borst wollte zugleich die
Ambivalenz auch des Rebellischen aufzeigen, so wie er es denn auch mit einiger Ratlosigkeit - nun,
wem ginge es schon anders beim Größten aus Schwaben? - also an jenem Hegel demonstrierte, der
sowohl die stets aufsässigen Linkshegelianer wie auch die staatsgläubigen Rechtshegelianer auf den
Weg brachte. Hier wenigstens sei auch ein Literaturhinweis gestattet, einmal auf die heute wohl
einschlägige Biographie Hegels von Charles Taylor, deutsch bei Suhrkamp 1978, 772 S., dann auf
die Hegel-Bibliographie, zusammengestellt von Kurt Steinhauer, München: Saur 1980 mit rund
12 000 Eintragungen. Sehr ungleichmäßig sind die Jahrhunderte vertreten, für die früheren gerade
Johann Valentin Andreae. Dabei gäbe es auch für diese Zeiten einige prächtige Köpfe, vorneweg der
unsterbliche Götz oder aus dem Randgebiet der gar nicht leise Hans Ulrich Megerle, also Abraham a
Santa Clara und schließlich jener seltsam wunderbarlich Mann, der fast alle Doctores und Scribenten
verlacht, gemeint Theophrast Bombast von Hohenheim oder Paracelsus. Es fällt ferner auf, daß
zwar mancher für sein Rebellen-tum zu büßen hatte, keiner aber um Kopf und Kragen kam. Warum
also nicht auch einen, dem dies wirklich widerfuhr, dem Grafen Stauffenberg etwa oder Eugen
Bolz? Mit diesen, sieht man von Carlo Schmid einmal ab, wäre überdies auch etwas Römisch-
Katholisches dazugekommen. Und das wäre es denn auch. Was Borst porträtiert hat, ist nicht die
rebellische Repräsentanz von Schwaben, sondern von Altwürttemberg, aus dessen Bereich sie
kommen. Die Außenseiter, Schmid und vor allem Kurz und List aus der ehemaligen Reichsstadt
Reutlingen mögen dann nur noch die Regel bestätigen, der eine, Kurz, indem er ein Leben lang mit
diesem erbärmlichen Württemberg haderte, der andere, indem er ihm - freilich nicht als einziger -

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