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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1980/0209
Besprechungen

mit einem gleich näher zu charakterisierenden Teilaspekt ihrer Herrschaftsgeschichte. Man vermißt
eine Arbeit über die Anfänge der Tübinger und ihre Stellung im staufischen Schwaben, über ihre
Klostergründungen (Sindelfingen, Bebenhausen, Blaubeuren), ihre Burgen und ihre Ministerialität;
auch die Frage, was nach der Abspaltung der verschiedenen Linien der Grafen v. Montfort und der
Aufsplitterung des pfalzgräflichen Hauses das gemeinsam Tübingische - außer der dreilätzigen
Fahne im Wappen - sei, blieb unerörtert. Im Ganzen hatte die Tübinger Tagung eine etwas zu
bescheidene Zielsetzung, auch wenn man sich zur Aufgabe gemacht hätte, das Detail wenigstens
grundlegend zu erforschen. Doch auch dies war nicht der Fall.

Die Einleitung von Franz Quarthai gibt einen knappen Überblick über die Herrschaftsgeschichte
der Tübinger mit einer gekürzten Stammtafel der Familie bis ins 14. Jahrhundert sowie eine
noch knappere Ubersicht über die Montfort-Genealogie. Dann folgen die Städte-Artikel von Karl-
Heinz Burmeister über die »Städtegründungen der Tübinger in Osterreich und in der Schweiz« (S.
15-28), von Peter Eitel über die »Städte der Grafen von Montfort in Oberschwaben« (S. 29-38) und
von Hermann Weisen über die »Städte der Tübinger um den Schönbuch« (S. 39-56). Burmeister
behandelt Bregenz und Feldkirch als Beispiele aus der 1. Gründungsphase, Sargans und Bludenz aus
der Mitte des 13. Jahrhundens, und schließlich Werdenberg, wobei die zuletzt genannten Städte im
strengen Sinne nicht tübingisch sind. Ihnen sind die von Eitel behandelten Montfort-Städte
Leutkirch, Tettnang, Scheer und Langenargen an die Seite zu stellen. Hingegen führt Weisen mit
Sindelfingen, Böblingen und Herrenberg wieder zum Urstamm der Tübinger, deren Stadtgründungen
in der 2. Hälfte des 13. Jahrhundens er später ansetzt, als man dies gemeinhin getan hat. Eine
gewisse Übervorsicht in der Behandlung der Quellen hat hier doch wohl zu recht späten
Zeitangaben geführt. Leider fehlt in diesem Panorama Tübingen selbst, dessen Historiograph,
Jürgen Sydow, mit einem Beitrag über das »Stadtrecht in den Gründungen der Pfalzgrafen« (S.
57-70) venreten ist. Auf seine Geschichte der Stadt Tübingen (Band 1. 1974) kann hier verwiesen
werden. Sydows Untersuchung geht vom Horber Stadtrecht aus, das Möglichkeiten des Rückschlusses
auf dasjenige von Tübingen bietet und im übrigen nahelegt, die Pfalzgrafenstädte
nochmals gemeinsam zu untersuchen. Dies ist im vorliegenden Band unterblieben, da die vier
Stadtartikel in merkwürdiger Isolation voneinander stehenblieben, ohne sich gegenseitig zu
ergänzen. Das Einbeziehen der Grafen v. Montfort und ihrer Städte war ohnehin nicht ganz
einsichtig, solange nicht deutlich gemacht wurde, wieweit die Montfoner als Stadtgründer eine
Tübinger Traditionen aufgenommen und wieweit sie sich als »Tübinger« verstanden haben.

Eines der familienbildenden Substrate war für diese das Schwäbische Pfalzgrafenamt, das, wie
Hansmartin Decker-Hauff, »der Verkauf der Pfalzgrafenwürde« (S. 71-77) zu zeigen vermag, vom
jeweils Altesten der Familie im 12. und 13. Jahrhundert geführt wurde, bis es 1268 an den
Markgrafen Heinrich v. Burgau veräußert wurde, ohne daß der Titel in dessen Familie erhalten
blieb. Sicher steht diese Aufgabe des Pfalzgrafenamtes mit dem Ende des Herzogtums Schwaben in
spätstaufischer Zeit in Verbindung, auch wenn sich im Februar 1268, als die Verkaufsurkunde
ausgestellt wurde, das Ende Konradins noch nicht voraussehen ließ - ganz im Gegenteil.

Es bleibt auf den abschließenden Aufsatz von Wilfried Setzier hinzuweisen, »die Grafen v.
Tübingen als Herren v. Lichteneck« (S. 78-95), der Licht in eine bisher kaum bekannte und so gut
wie unerforschte Begebenheit gebracht hat: die Herausbildung einer kleinen, aber nahezu geschlossenen
Tübinger Herrschaft im Bereich des Kaiserstuhls. Die Burg Lichteneck selbst, heute noch als
markante Ruine bei Hecklingen weithin sichtbar, liegt eher am Rande dieser zwischen Burkheim
und Riegel liegenden Herrschaft, die im 14. Jahrhundert entstehen konnte, nachdem die Herren v.
Uesenberg mit ihrem Aussterben eine gewisse Lücke gelassen hatten. Als der letzte Abkömmling
dieser Lichtenecker Familie gilt jener (illegitime) Johann Georg Tübinger, der als Schloßhauptmann
von Hohentübingen im 30jährigen Krieg geadelt wurde und 1667 starb. Dieses Datum kennzeichnet
auch das Ende des Tübinger Grafenhauses im genealogischen Sinne, nachdem die Stadt Tübingen
schon 1342 an Württemberg verkauft worden war.

Der vorliegende Band hat eine ganze Reihe von Fragen angestoßen, und es steht zu hoffen, daß
eine Zusammenschau der Tübinger Pfalzgrafengeschichte daraus erwachsen wird. Für die Stadt
Tübingen liegt mit Sydows vorbildlicher und wissenschaftlich perfekten Stadtgeschichte ein alle
Wünsche befriedigendes Ergebnis vor. Der beste Kenner der Herrschaftsgeschichte im Bereich

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