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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1981/0052
Elbs

Form herrschaftlicher Präsenz im Dorf - nicht aus der Dorfgemeinschaft187 ausgewählt,
somit auch nicht durch die innerdörfliche Loyalitäts- und Solidaritätsverpflichtungen
(durch Verwandtschaftsbeziehungen usw.) gebunden waren, sondern erst mit herrschaftlichem
Auftrag ins Dorf gesetzt worden waren: Er sitze von seines gnedigen herrn
wegen alda (= im Dorf; E. E.)188 bringt der Einspännige von Rangendingen dies auf eine
knappe Formel. Daß allein schon dies und das dadurch gegebene Nichtverpflichtetsein
auf innerdörflichen Konsens und dörfliche Normen, der flecken gebotten undverbotten,
zu Konflikten führen mußte, läßt sich mehrfach belegen. So beklagt sich die Gemeinde
Rangendingen, die Frau des Einspännigen schneide auf dem Gemeindeacker Vesen und
lasse auf der auchtweide und anderen durch das ganze Jahr verbotenen Wiesen weiden,
was doch keinem Bürger zugelassen sei189; ähnlich in Grosselfingen, wo die Frau des
Einspännigen sich nicht an das gemeindliche Holzleseverbot hält190.

Am deutlichsten werden die Konfliktfronten in einer Beschwerde des Gerichtes von
Stetten und Hörschwag, das sich beklagt, daß der einspennige und sein weib sich gegen
dene underthonen also trutzig, übermuetig und stoltz erzaigen, zank und hader
erwecken... insonderheit aber dem gericht und sunsten meniglich schimpflich nachreden,
auch die leuth an iren ehren schmächlich antasten und schlagen191. Diese seien deswegen
bereits vor Gericht gefordert worden, aber nicht erschienen mit dem trutzigen vermelden
, daß sie dem gericht nit nachfragen, sonder ire sacken vor dem wolgebornen unserm
gnedigen herrn herrn Eitelfriederichen ... underthönig verrichten wollen192.

Zeigt sich bereits an diesem Fall, daß durch die Institution des Einspännigen eine
gänzlich neue, nämlich nicht mehr durch innerdörfliche Bindungen der herrschaftlichen
Funktionsträger eingeschränkte Form herrschaftlicher Präsenz im Dorf erreicht wurde,
so läßt sich die bisherige Begrenztheit, die eben durch die Janusköpfigkeit der bisherigen
Funktionsträger, die Vermittler zwischen herrschaftlichen und dörflich-gemeindlichen
Interessen zu sein hatten, bedingt war, anhand von Konflikten zwischen Einspännigen
und Vögten/Gerichten belegen, in denen die letzteren durchgängig auf Seiten des Dorfes
bzw. als Vertreter von dessen Interessen auftreten.

So wurde im April 1579 der Vogt von Rangendingen wegen böser unnutzer und
trutziger reden gegen den einspännigen193 gefangengesetzt und später der Grafschaft
verwiesen; ebenfalls 1579 wird Balthasar Kunanz, der Vogt von Stetten, mit 50 Pfund
Heller bestraft, weil er, nachdem sein Bruder den Einspännigen verwundet hatte, jenen
zu Flucht gemahnt und den Einspännigen zu Boden gestoßen hat194.

Ähnlich zeigt sich auch an einer Beschwerde von Jungingen, daß die bisherigen
herrschaftlichen Funktionsträger eher die Interessen des Dorfes vertreten: Das ganz

187 Daß hier >Gemeinschaft< nicht im emphatischen Sinn des Wortes gemeint ist, dürfte nach dem
oben Ausgeführten selbstverständlich sein; gleichwohl wird sich zeigen lassen, daß bei derartigen
Eingriffen von außen die dörfliche Kohärenz relativ groß ist. Zum Problem generell vgl.
Nicole Eizner, De la >communaute rurale< a la >collectivite locale<, in: Marcel Jollivet
(Hg.), Societetes paysannes ou lutte de classe au village. Paris 1974, S. 129-154.

188 STAS Ho 1 C II 8 Nr. 1 fol. 93v.

189 STAS Ho 1 C II 8 Nr. 1 fol. 48r + v.

190 STAS Ho 1 C II 8 Nr. 1 fol. 91v.

191 STAS Ho 1 C II 8 Nr. 5 (Audienzbuch Killer/Starzeln/Hausen), fol. 6r (Eintragung vom
6.9.1581).

192 STAS Ho 1 C II 8 Nr. 5 fol. 6v.

193 STAS Ho 1 C II 8 Nr. 1 fol. 39v.

194 STAS Ho 1 C II 8 Nr. 128 (Frevelbücher; Georgi bis Martini 1579, Eintragung vom 23.7.1579).

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