Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1981/0080
Elbs

dise jar her unser kainer gedenken, zugeschweigen reden dörfen. Nunmer aber, weil es
zuegelaßner weis neben andern unsern beschwerden bey der kayserlichen maiestät
supplicando fürgebracht worden und uns gnedigelich vergönnet, ain und anders vor euer
gnaden und gestrengen als den geordneten kayserlichen commissarien auch in underthe-
nigkait anzuebringen, so geschieht es hiemit gehorsamlich, damit es in kain verjärung
wider uns gezogen werden mechtei02. Gleichzeitig belegen die beiden angeführten Zitate
jedoch noch zwei andere Komplexe:

a) Die Möglichkeiten aussichtsreichen Konfliktaustrags wurden von den Untertanen
tatsächlich so gesehen wie oben beschrieben: Konfliktaustrag, der Aussicht auf Regelung
der zwischen Herrschaft und Untertanen strittigen Punkte bietet, ist nur in Überschreitung
des institutionellen Rahmens der Herrschaft möglich303.

b) Hier zeigt sich in ersten Umrissen der Herrschaftsbegriff der Untertanen. Danach
ist das Herrschaftsverhältnis nicht durch einseitige, herrschaftliche Akte, sondern allein
durch Verhandlungen und Verträge (mit den armen underthonen zue tradieren und
vergleichung zuesuchen) zwischen Herrschaft und Untertanen veränderbar.

Dieser Herrschaftsbegriff der Untertanen, nach dem Herrschaft durch alt herkommen
fixiert und durch Verträge zwischen Untertanen und Herrschaft begrenzt ist, findet
sich an anderer Stelle der Supplikation noch deutlicher: Sintemal ein jede auch
allerhöchste obrigkeit ire mit den underthonen eingangne contract und darüber aufge-
richte brief und sigel weniger nit zue halten als hinwiderumb auch die underthonen zu
ihren pflichten und gehorsamb verpunden seind... 304.

Zeigt dieses Zitat auch, daß Herrschaft innerhalb dieser Grenzen von den Untertanen
als legitim akzeptiert wird, so sind damit doch die Grenzen legitimer Herrschaft aus der
Sicht der Untertanen, ist deren Vorstellung von gerechter Herrschaft erst unzureichend
beschrieben.

Neben dieser eher formalen Begrenztheit von Herrschaft gibt es nämlich aus der Sicht
der Untertanen eine weitere, stärker inhaltlich bestimmte Grenze von Herrschaft, die
vor allem in der bäuerlichen Familienökonomie und der dieser inhärenten ökonomischen
Rationalität begründet ist: Wiewol nun abermals die natürliche billigkait weiset, zudeme
es (wie wir berichtet worden) auch in recht versehen, daß ainer jeden christlichen
obrigkeit fürgenomne gebot und verbot (denen die underthonen zue gehorsamen
schuldig) an inen selber auch rechtmeßig und billich seyen. Da sich aber solliche gebot und
verbot offenlich unbillich und unrechtmeßig, zue geschweygen von wegen abbruch der
nahrung und veldgescheften zue halten unmüglich und verderblich befunden, das auch
die underthonen denselben zue gehorsamen nit verpflichtet, noch auch deren nit halten
strafbar zue achten305.

Die bäuerliche Familienökonomie mit ihrer typischen Rückbezogenheit der Produktion
auf die Bedürfnisse des bäuerlichen Haushalts, mit ihrer Orientiertheit am Prinzip
des >travailler pour se nourrir<306 - die Owinger bringen dieses Prinzip hier auf die
Formel nahrung unnd veldgescheften - stellt danach einen Raum dar, in den herrschaftliche
Eingriffe nur in beschränktem Umfang erlaubt sind. Zerstört dagegen herrschaftliche

STAS Ho 1 C II 2 b Nr. 5 fol. 280r + v.

Dazu bereits oben S. 63 ff.

STAS Ho 1 C II 2 b Nr. 5 fol. 272v.

STAS Ho 1 C II 2 b Nr. 5 fol. 284v.

Henri Mendras, Societes paysannes (s. Anm. 15), S. 40ff.

78


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1981/0080