Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1981/0144
Liener

nen gegenüber anderen reichsständischen Untertanen werde ganz deutlich in den
Landesordnungen. Für die Spethschen Herrschaftsgebiete ist dieser Ansicht zuzustimmen
. Wenn man die außerordentlich drückende Landesordnung von Gammertingen35
im 16. Jahrhundert und die Strafen für ganz geringe Delikte in Hertingen36 während des
17. Jahrhunderts liest, so kann man bestimmt nicht zu dem Ergebnis kommen, daß »die
persönlichen Freiheitsrechte der Individuen, abgesehen von dem Ehekonsens, keinen
nennenswerten Beschränkungen unterliegen«37. Man braucht, um dies zu relativieren,
nicht noch den Vergleich mit den norddeutschen Gutsherrschaften heranziehen, wie es
Weiss gemacht hat.

Die wirtschaftliche Kraft der Reichsritterschaften war häufig sehr schwach. Dazu
kam, daß die Ritter oft schlecht haushalteten. Es wurde versucht, dies zu ändern. So auch
in der Herrschaft Hettingen, als man eine herrschaftliche Ziegelei, ein Bräuhaus und eine
Mühle aufbaute. Zu den schlechten Verhältnissen trug natürlich auch die schlechte
Verwaltung bei. Bei den Reichsrittern war keine ordentliche Verwaltung vorzufinden,
wie sie der aufgeklärte Absolutismus in größeren Herrschaftsgebieten eingeführt hatte.
Ähnlich trostlos sah es im Sozialwesen aus. Das Schulwesen in den Speth'schen
Herrschaften schnitt im Vergleich zu benachbarten Territorien schlecht ab, als fortschrittliche
Beispiele seien die Schulorganisationen in fürstenbergischen und vorderösterreichischen
Gebieten genannt38.

Die häufige Lage der Reichsritterschaften als Enklave trug zu den beklagenswerten
Zuständen bei. Das winzige Territorium war von fürstlichen, reichsstädtischen oder
geistlichen Gebieten umfaßt, so daß man sich kaum bewegen konnte, ohne mit der
Nachbarschaft in Berührung zu kommen39, der die Reichsritter immer ein Dorn im Auge
waren. Gegen Eingriffe von außerhalb standen den Reichsrittern die Reichsgerichte als
Appellationsinstanz offen. Der Weg dorthin war jedoch weit, und eine Urteilsfindung
dauerte oft Generationen.

Freundschaftlich gesonnnen gegenüber den Reichsritterschaften waren die Landstreicher
, Zigeuner, gesuchte Straffällige und Juden aus den benachbarten reichständischen
Territorien. Ritterdörfer waren »ein Dorado für alles mögliche Gesindel«40, denn dort
fehlte ein ordentliches Polizeiwesen. Umgekehrt muß auch gesagt werden, daß sich
straffällig gewordene reichsritterschaftliche Untertanen dem Arm des Gesetzes oft
entziehen konnten, wenn sie nur wenige hundert Meter bis zum angrenzenden, nicht
ritterschaftlichen Grenzstein gelangten.

Ein Durchreisender spürte an seinem eigenen Leib, wenn er sich auf ritterschaftlichem
Gebiet befand. Denn dort waren die Straßen im allgemeinen schlecht ausgebaut, so
daß eine gute Straße schlagartig an der Grenze zu einem Ritterdorf zu einem holprigen
Weg wurde. Hier wirkte sich die geringe wirtschaftliche Leistungskraft aus.

35 Joseph Wiest, Gammertingen unter der Speth'schen Herrschaft, (wie Anm. 20), S. 56-80.

36 Lieb (wie Anm. 8), S. 33 ff.

57 Weiss (wie Anm. 31), S. 302 f.

38 In meiner Zulassungsarbeit zur 1. Dienstprüfung für das Lehramt an Grund- u. Hauptschulen an
der PH Reutlingen »Untersuchungen zur Geschichte des Volksschulwesens in Hohenzollern-
Sigmaringen« bin ich bereits zu dem Ergebnis gekommen, daß bei der Übernahme der genannten
Gebiete durch Hohenzollern-Sigmaringen das Schulwesen in den Reichsritterschaften in einem
schlechten Zustand war. S. dort S. 42 f.

39 v. Schreckenstein (wie Anm. 19), Bd. 2, S. 465.

40 H. Müller (wie Anm. 26), S. 25.

142


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1981/0144