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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1981/0152
Liener

Was war geschehen, daß sich die Lage so schlagartig änderte? Am 12. Juli 1806 wurde
auf Initiative Napoleons der Rheinbund gegründet. Unter seinem Protektorat sollte er
der Beherrschung Westdeutschlands dienen. Es gehörten ihm 16 Fürsten an, die sich vom
Reich lossagten und dafür mit Standeserhöhungen und Gebietserweiterungen auf Kosten
kleinerer Territorien belohnt wurden. Dabei bestimmte Frankreich den Umfang und die
Lage der neuen Gebiete, wobei die Reichsritterschaften Gammertingen und Hettingen
für Hohenzollern-Sigmaringen bestimmt wurden und nicht für Württemberg.

Württemberg rückte nicht alle übrigen in Besitz genommenen Reichsritterschaften
wieder heraus. In Geislingen bei Balingen sollte Hohenzollern-Sigmaringen auch die
Souveränitätsrechte erlangen, konnte sich aber nicht einem württembergischen Militärkommando
widersetzen. Alle Proteste nützten nichts, Geislingen bieb württembergisch56
. Mit Hettingen und Gammertingen war es jedoch anders. Diese beiden Herrschaften
wurden im Artikel 23 Abschnitt 2 der Rheinbundakte ausdrücklich erwähnt,
wogegen die anderen Ritterdörfer, die Hohenzollern-Sigmaringen erhalten sollte, nicht
ausdrücklich aufgeführt wurden (z.B. Wilflingen). Der Artikel lautet: »Son Altess
Serenissime (le Prince de Hohenzollern-Sigmaringen) possedera en souverainete les
terres equestres situees entre Ses possesions actuelles et les territoires au nord du Danube
sur lesqueles Sa souverainete doit s'entendre en consequence du present traitee,
nommement les seigneurs de Gamertingen et de Hettingen«57. Hohenzollern-Sigmaringen
glaubte, daß der Ausdruck namentlich (»nommement«) keine andere ritterschaftliche
Orte ausschließende Bedeutung habe, sonst hätte es ja genügt, nur die beiden
Herrschaften zu nennen. Mit dieser Ansicht konnte sich das Fürstentum aber nicht
durchsetzen, und alle anderen geforderten Reichsritterschaften außer Gammertingen
und Hettingen blieben bei Württemberg.

Zum Zeichen der Unterwerfung unter Hohenzollern-Sigmaringen gaben die Speth-
'schen Obervögte das Handgelübte. Das fürstliche Wappen wurde in den Herrschaften
angebracht58. Die Freiherren von Speth verloren mit diesem Akt ihre Reichsunmittelbar-
keit, da die Reichsritterschaft bekanntlich auf Napoleons Befehl hin aufgelöst wurde.
Die Hoheitsrechte waren hiermit an den Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen
gefallen. Die hohe Gerichtsbarkeit, Forstrechte, Post-, Zoll-, Konzessions- und Steuerrechte
gingen dabei entschädigungslos verloren. Dafür brauchten die Freiherren nicht
mehr die Last des Straßenbaus zu tragen, was man nicht als Gewinn einstufen kann, denn
für den Straßenbau gaben sie nie viel aus. Es verblieben ihnen die Zehnt-, Hauptfall- und
Fronrechte sowie alle eigenen Gebäude, Grundstücke und Wälder. Kein Quadratmeter
Boden wurde ihnen weggenommen.

Nach dem Anschluß wurde versucht, in den Gebieten, die zu Hohenzollern-
Sigmaringen gehörten, einheitliche Verhältnisse zu schaffen. 13 Ämter bildeten anfangs
die unterste Verwaltungsebene, eines davon war das Obervogteiamt Hettingen. Damit
wurde vorerst die bestehende Verwaltungseinheit belassen. Außer dem Gerichtswesen
änderten sich das Steuerwesen und die Maße. Neben diesen Maßnahmen sollte ein
verstärkter Straßenbau der Integration in den neuen Gebieten dienen. Um das Jahr 1810
wurde die Verbindungsstraße von Hettingen nach Gammertingen in das Laucherttal
hinunter verlegt. Vorher führte die Verbindung rechts oberhalb des Tales nach Hettingen

56 Fritz Kallenberg, Die Fürstentümer Hohenzollern im Zeitalter der Französischen Revolution
und Napoleons, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 111 (1963), S. 418.

57 Ebenda, S. 419.

58 Der Wortlaut kann aus dem Anhang II entnommen werden.

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